Der Grünen-Kandidat Fritz Kuhn hat sein Programm für die OB-Wahl vorgestellt. Er will auf ökologische Innovation setzen und Stuttgart 21 der Bahn auf die Finger sehen. Seine Stimmen will er nicht nur von Grünen-Wählern gewinnen.

Stuttgart - Als dritter aussichtsreicher Bewerber für den Chefsessel im Stuttgarter Rathaus hat der Grünen-Politiker Fritz Kuhn am Dienstag vor einem breiten Publikum seine Vorstellungen für die Zukunft der Landeshauptstadt skizziert. Im Bürgerhaus West warb Kuhn für sein politisches Programm, mit dem er durchaus nicht nur auf die grüne Stammwählerklientel abzielt, sondern auch Stimmen aus dem bürgerlichen Lager und aus den Reihen der Sozialdemokraten gewinnen will. Und natürlich hat der Bewerber auch die moderaten Stuttgart-21-Gegner im Blick, denen er Transparenz, Kontrolle und ein klares Nein zu möglichen weiteren Mehrkosten beim Bahnprojekt zusichert. Kritik übte der Kandidat am fehlenden Brandschutzkonzept für S 21 sowie an der Arbeit des Kommunikationsbüros: „Das ist eher ein Desinformationsbüro.“

 

„Feinstaubbelastung nicht tolerieren“

In der Wirtschaft setzt Kuhn auf ökologische Modernisierung und die Entwicklung ressourcenschonender Produkte. „Wirtschaftlich erfolgreich sein kann man nur, wenn man die Ökologie beachtet“, so sein Credo. Er will Stuttgart zu einem führenden Forschungs- und Entwicklungstandort für Umwelttechnik machen.

In der Verkehrspolitik verspricht der Bundestagsabgeordnete, sich als Rathauschef für den schnellen Ausbau des Radwegenetzes, eine Ausdehnung der Parkraumbewirtschaftung sowie für ein differenziertes Tempolimit-Konzept einzusetzen. Zudem soll der ÖPNV hinsichtlich der Tarifgestaltung, Vertaktung und Ausdehnung der Nachtfahrzeiten verbessert werden. Beim Thema Feinstaub lehnt sich der Grüne weit aus dem Fenster: „Ich werde als OB die hohe Feinstaubbelastung nicht länger tolerieren.“ Dazu will er etwa mit den größten Arbeitgebern der Stadt darüber reden, wie sich der beruflich bedingte Autoverkehr vermeiden ließe.

Energiewender auf kommunaler Ebene

Vorantreiben will Kuhn auch die Energiewende auf kommunaler Ebene: Neue Wohnviertel wie der geplante Neckarpark sollen nach den modernsten Ökostandards errichtet werden. Kuhn: „Das heißt, sie sollen künftig mehr Energie produzieren, als sie selbst verbrauchen.“ In zehn Jahren soll Stuttgart nach seinen Plänen weder Atomstrom noch Energie aus neuen Kohlekraftwerken mehr verbrauchen müssen. Beim Thema Bildung und Erziehung strebt Kuhn eine Verlängerung der Öffnungszeiten in Kindertagesstätten an. Er will dafür zusätzliche Erzieher einstellen. Um für sie einen Ausgleich für die hohen Lebenshaltungskosten zu schaffen, fordert Kuhn eine Diskussion über einen „Hauptstadtzuschlag“ aus städtischen Mitteln.

Kuhn will mehr bezahlbare Wohnungen

Auch städtebaulich muss sich nach Kuhns Vorstellungen vieles ändern: Bauen im öffentlichen Interesse und nicht im Interesse von Investoren lautet seine Maxime. Einkaufszentren habe die Stadt genug, die Priorität müsse nun auf den Bau bezahlbarer Wohnungen gelegt werden. Der Anteil an Sozialwohnungen für die Bezieher niedriger Einkommen müsse deutlich gesteigert werden. Zur Stadtentwicklung gehört für ihn auch, die Stadt an den Neckar heranzuführen und den Fluss wieder erlebbar zu machen. „Alle Städte, die das gemacht haben, haben spürbar an Lebensqualität zugelegt“, so Kuhn. Er bescheinigte der Landeshauptstadt, seit der Ära des CDU-OB Manfred Rommel eine liberale Integrationspolitik betrieben zu haben, die es fortzusetzen gelte. Sollte er zum OB gewählt werden, will sich der studierte Sprachwissenschaftler dafür einsetzen, die Sprachförderung für Kinder ausländischer Abstammung weiter auszubauen.