Andreas Renner und Sebastian Turner haben sich auf der ersten von vier Regionalkonferenzen der Parteibasis präsentiert und für sich geworben.

Stuttgart - Der CDU-interne Wahlkampf um den geeigneten Nachfolger von Amtsinhaber Wolfgang Schuster gewinnt an Fahrt. Am Freitagabend haben sich bei der ersten von vier nicht öffentlichen Parteitreffen im Haus am See in Hofen die beiden Matadore Andreas Renner und Sebastian Turner erstmals eineinhalb Stunden lang in größerem Rahmen der Parteibasis präsentiert und die Werbetrommel für sich gerührt. Am Montag gibt es im Ratskeller die nächste Auflage des Duells.

 

Der frühere Oberbürgermeister von Singen und der parteilose Berliner Werbeprofi konkurrieren um die Kandidatenkür, die dann auf einem Mitgliederparteitag der CDU am 17. März endgültig erfolgen soll. Der Sieger des parteiinternen Duells tritt dann im Oktober gegen den Grünen-Bewerber Fritz Kuhn sowie einen bisher noch namenlosen SPD-Kandidaten an.

Am Freitagabend waren rund 100 Parteimitglieder der Einladung des Kreisvorsitzenden Stefan Kaufmann gefolgt, sich ein Bild von beiden Aspiranten zu machen. Als erster durfte Andreas Renner in die Bütt, um sich vorzustellen. Danach war Sebastian Turner an der Reihe. Während der Präsentation des einen Bewerbers musste der andere vor dem Saal warten. „Man hat deutlich gesehen , dass wir zwei Kandidaten mit völlig unterschiedlichem Profil haben“, fasst ein Teilnehmer seine Eindrücke zusammen.

CDU-Mitglieder nehmen die Bewerber ins Gebet

Nach der Vorstellungsrunde stellten sich dann die Kandidaten dann gemeinsam den Fragen der Mitglieder. Ob er denn keinen Interessenkonflikt zwischen seiner derzeitigen Tätigkeit als EnBW-Repräsentant und der aktuellen Diskussion über die Gründung von Stadtwerken sehe, musste sich beispielsweise Renner fragen lassen. Auch seine verbalen Attacken gegen die Haltung der katholische Kirche zur Homosexualität, die ihn 2006 sein Amt als Sozialminister gekostet hatten, wurden thematisiert; die Mitglieder hätten ihm aber diesbezüglich „Absolution erteilt“, so ein Christdemokrat.

Von dem von Parteichef Kaufmann aufs Schild gehobene Unternehmer Sebastian Turner dagegen wollten gleich mehrere Mitgliedern wissen, warum er nicht das CDU-Parteibuch besitze und auch nach einer möglichen Nominierung keine Mitgliedschaft in der Partei anstrebe. Wie man denn künftig noch neue Mitglieder für die CDU werben wolle, wenn jemand ohne Parteibindung für das höchste Amt in der Stadt kandidiere, ließ sich etwa der Vorsitzende der CDU-Bezirksgruppe Münster René Hildebrandt vernehmen.

Dass Turner parteilos ist und bleiben will, stellt offenbar für viele langjährige CDU-Mitglieder ein Problem dar – nicht so für Turner: „Das bürgerliche Lager braucht einen überparteilichen Kandidaten, um die Wahl zu gewinnen“, sagt er und verweist auf die Wahlempfehlung der Freien Wähler, die sich wie berichtet zu seinen Gunsten ausgesprochen haben. Auch beim Thema Wirtschaftskompetenz will Turner Vorteile für sich gegenüber Renner ausgemacht haben. Die erste Vorstellungsrunde habe er im Übrigen als fair empfunden.

Diesem Urteil schließt sich sein Kontrahent Andreas Renner an. Er sprach von einer „interessanten Veranstaltung“, das Rennen sei offen: „Am 17. März wählen die Mitglieder den Kopf, von dem sie glauben, dass er die OB-Wahl gewinnt.“ Der CDU-Kreisvorsitzende Stefan Kaufmann bezeichnete den Abend gar als „harmonisch“.

Hinter den Kulissen wird kräftig gelästert

Die jeweiligen Unterstützer der Rivalen lassen indes jenseits der viel beschworenen Fairness kaum eine Gelegenheit aus, Seitenhiebe zu verteilen. So kommentiert man etwa im Renner-Lager den Wahlprospekt des Werbeprofis Turner für die CDU-Basis mit sarkastischem Unterton. „Der Mann war jahrelang Chef einer der führenden Werbeagenturen Deutschlands – und dann präsentiert er sich als Pater Brown“, lästert ein Christdemokrat über das Foto auf dem Prospekt, dass Turner im Wintermantel mit Kapuze und gefalteten Händen zeigt. Auch Turners Werbevideo, das im Netz kursiert und in dem er unvermittelt seine Stuttgarter Kindergartenerzieherin grüßt („Hallo Tante Gisela“) hat bei den Gegnern des Kandidaten fast schon Kultstatus erreicht.

Für Aufregung hat der Parteilose aber vor allem mit einer Zustandsbeschreibung der CDU am Ende der Ära des früheren Ministerpräsidenten Erwin Teufel gesorgt. Bei einer gemeinsamen Sitzung von Kreisvorstand und Ratsfraktion in der vergangenen Woche soll er gesagt haben, die CDU habe beim Gerangel um die Nachfolge Teufels in der öffentlichen Wahrnehmung einem „Sauhaufen“ geglichen. Diese Vokabel ist zahlreichen Ohrenzeugen sauer aufgestoßen, und auch der Kreisvorsitzende habe peinlich berührt gewirkt. Einer, der bei der Sitzung dabei war, sagt: „Bei allem Respekt vor Herrn Turner, aber eine solche Bewertung steht ihm ganz gewiss nicht zu.“