Ein überraschend hohes Ergebnis hat der Göppinger Oberbürgermeister Guido Till bei der Wahl eingefahren. Die Konkurrenz hatte keine Chance, für die SPD endete die Wahl als Debakel.

Göppingen - Der Göppinger Oberbürgermeister Guido Till steht für weitere acht Jahre an der Spitze der fünftgrößten Stadt in der Region. Der 57-Jährige setzte sich bei der OB-Wahl am Sonntag überlegen mit 61,9 Prozent bereits im ersten Wahlgang durch. Abgeschlagen auf Platz zwei folgt der Grünen-Fraktionschef im Gemeinderat, Christoph Weber. Er erhielt 14,2 Prozent. Überraschend ergatterte Holger Weiss 8,5 Prozent der Stimmen. Der ehemalige Baubürgermeister Joachim Hülscher, der für die Freien Wähler im Regionalparlament und im Gemeinderat sitzt, kam mit 7,3 Prozent nur auf Platz vier. Die Wahlbeteiligung lag bei enttäuschenden 37,3 Prozent.

 

In den ersten Ergebnissen, die aus den Ortsteilen übermittelt worden waren, hatte Till sogar bei 70 Prozent gelegen. Kurz nach 19 Uhr stand das Ergebnis dann fest. Wenige Minuten später zog er mit Frau und Kind im Rathaus ein, wo 120 Menschen die Auszählung auf der Leinwand des Sitzungssaals verfolgt hatten. Die Erleichterung über den klaren Sieg war Till anzusehen. Ihm sei klar geworden, dass einem nichts geschenkt werde, erst recht nicht im Wahlkampf, gab er zu Protokoll. Er hoffe, er habe mit dem Ergebnis im positiven Sinne die Quittung für die letzten acht Jahre bekommen.

Bitter für die SPD

Dass die Konkurrenz zum Großteil aus dem Gemeinderat kam, hinterließ offensichtlich Spuren. „Ich werde gerne mal mit ihnen überlegen, ob wir die Stimmung im Gemeinderat nicht verbessern können“, sagte Till. Seinem ersten Gratulanten im Saal, Christoph Weber, dankte er für den fairen Wahlkampf: „Ich denke, wir werden auch in den nächsten acht Jahren zum Wohle der Stadt gut zusammenarbeiten können“, erklärte Till.

Besonders bitter endete der Wahltag für die SPD. Der von ihr favorisierte Kandidat, der ehemalige Bürgermeister von Kaltenkirchen in Schleswig-Holstein, Stefan Sünwoldt, schaffte nicht einmal die Fünf-Prozent-Marke. Das Ergebnis sei eine Klatsche, ja geradezu eine Katastrophe, räumte der SPD-Fraktionschef Armin Roos ein. Till habe seinen Amtsbonus voll ausgeschöpft, deutete Sünwoldt an. „Die Lokalzeitung hat es mir nicht ganz leicht gemacht.“ Ähnlicher Meinung ist der Linken-Stadtrat Christian Stähle, der selbst nur 2,4 Prozent erreichte und nun der Lokalzeitung zum Wahlsieg gratulierte. Roos sah dies genauso: Vor acht Jahren, als die SPD Till als Kandidaten unterstützt hat, habe die Lokalzeitung vorgemacht, wie man einen Kandidaten ins Amt schreibe, diesmal habe sie vorgemacht, wie man ihn im Amt halte.

„Großes Desinteresse gespürt“

Er hätte sich einen zweiten Wahlgang als Strafzettel für Till gewünscht, sagte der Drittplatzierte Weiss. Doch er habe schon im Wahlkampf ein großes Desinteresse gespürt. Auch Weber sprach davon, dass ein echter Wahlkampf nicht zu spüren gewesen sei. Dies zeige sich nun auch in der schwachen Wahlbeteiligung, die den Konkurrenten des Amtsinhabers nicht genutzt habe. „Das ist das Resultat der Politik der letzten Jahre: Man bleibt lieber zu Hause.“ In den nächsten Tagen müsse man allerdings auch darüber reden, was man selbst falsch gemacht habe.

Im bürgerlichen Lager, das für Tills Wahl geworben hatte, herrschte große Freude. Das Ergebnis sei überragend und noch besser als erwartet, sagte der CDU-Fraktionschef Felix Gerber. Letztlich habe es an wirklich ernsthaften Gegenkandidaten gefehlt, analysierte der FDP-Fraktionsvorsitzende Rolf Daferner. Emil Frick von der Bürgerallianz beschäftigte sich auch mit seinen ehemaligen Parteifreunden. „Die SPD muss sich Gedanken über ihre Granden machen, die taktiert und total Schiffbruch erlitten haben.“ Jetzt sei aber Kooperation statt Konfrontation gefragt. Das unterstrich auch Jan Tielesch (CDU): „ Wenn wir uns jetzt zusammenraufen, kriegen wir das wieder hin“, sagte er mit Hinblick auf die angespannte Atmosphäre im Gemeinderat.

Kommentar: Nicht abheben

Göppingen - Für Guido Till ist es ein grandioser Sieg. Souverän hat sich der Amtsinhaber bereits im ersten Wahlgang der Göppinger Oberbürgermeisterwahl durchgesetzt. Alle Diskussionen über Mobbingvorwürfe, Ungeschicklichkeiten und seine Selbstverliebtheit haben bei den Wählern letztlich keinen Eindruck hinterlassen. Schließlich geht es bei der oft als Persönlichkeitswahl apostrophierten Bestimmung eines Oberbürgermeisters eben nicht nur um die Persönlichkeit, sondern auch um konkrete Fertigkeiten: Verwaltungskenntnis, Führungserfahrung und die Beherrschung der freien Rede sind gefragt. Da dürften viele zu der Überzeugung gelangt sein, dass eben doch nur Till die notwendigen Voraussetzungen erfüllt. Die meisten blieben allerdings gleich ganz zu Hause. Die Wahlbeteiligung lag bei unsäglichen 37,3 Prozent.

Spannend wird nun sein, wie Till nach den ersten Triumphgefühlen mit seinen politischen Gegnern umspringt. Geht er auf sie zu? Oder erwartet er, dass sie sich nach der vernichtenden Niederlage, die vor allem die SPD hat hinnehmen müssen, kleinlaut zurückziehen? Eine gewichtige Rolle kommt dabei der CDU zu. Die größte Fraktion, die den OB im Wahlkampf tatkräftig unterstützt hat, muss dafür sorgen, dass Till auf dem Boden bleibt und den Wahlsieg nicht als Aufforderung versteht, nun stur durchzuregieren. Sicher ist, dass auch die kommenden acht Jahre für Bürger, Rathausmitarbeiter und Gemeinderat anstrengend werden.

Zitate

Reaktionen auf die OB-Wahl in Göppingen:

„Die Gegner von Guido Till müssen sich nach dieser Niederlage fragen, ob sie ihren Umgang mit dem OB im Gemeinderat nicht korrigieren sollten.“ Der CDU-Landtagsabgeordnete Dietrich Birk fordert Hülscher und Stähle zum Umdenken auf.

„Ich wünsche ihnen viel Weisheit, Kraft, Stärke und Freude in der neuen Amtszeit.“ Gabriele Zull, Erste Bürgermeisterin

„Klasse für Guido, katastrophal für Sünwoldt.“ Emil Frick, Stadtrat (früher SPD, jetzt BAG)

„Ich bin froh, dass Göppingen so einen OB hat wie Guido Till.“ Johannes Krautter, Unternehmer und Mäzen

„Für die Stadt ist es vernünftig, Till die Chance zu geben weiterzumachen.“ Peter Kunze, SPD-Mitglied

„Ich freue mich auf weitere acht Jahre mit Till. Denn nun kann ich mich weiter als Enfant terrible und Kritiker profilieren.“ Christian Stähle, geschlagener Mitbewerber und Stadtrat der Linken

„Die Wahlbeteiligung ist enttäuschend. Ich hatte in Ebersbach mal 39 Prozent. Das war schon schlecht, aber ich hatte auch keinen Gegenkandidaten.“ Edgar Wolff, Göppinger Landrat

„Wer weiß? In acht Jahren gibt es ja wieder eine Wahl.“ Stefan Horn, Stadtrat (BAG), wertet die sieben Stimmen, die er bekommen hat, ohne zur Wahl zu stehen, als Vertrauensvorschuss.