Am Neckartor in Stuttgart rollt der Verkehr. Und der Feinstaub bleibt in der Luft. Seit Jahren liegen die Feinstaubwerte jenseits aller Grenzwerte. Ein Thema, das auch im Wahlkampf der Kandidaten für den Oberbürgermeister-Posten eine Rolle spielt.

Stuttgart - Am Neckartor rollt der Verkehr. Und der Feinstaub bleibt in der Luft. Die Kreuzung, über die täglich weit mehr als 80 000 Fahrzeuge rollen, ist die schmutzigste Deutschlands. Seit Jahren liegen die Feinstaubwerte jenseits aller Grenzwerte: Mit 89 Tagen lagen die zu hohen Konzentrationen der Krebs erregenden Rußpartikel im vergangenen Jahr um mehr als das Doppelte über dem noch zulässigen Grenzwert von 35 Tagen im Jahr.

 

Getan hat sich bis heute – zu wenig: Die aktuellen Schadstoffmessungen weisen für das Neckartor bis Mitte Juni bereits 44 Tage mit zu viel Feinstaub aus. „Die Werte liegen auf dem Niveau des Vorjahres“, sagt Ulrich Reuter, der Leiter der Abteilung Klimatologie im Amt für Umweltschutz.

Erst vor wenigen Wochen haben das grüne Verkehrsministerium, das Regierungspräsidium und die Stadt versucht, die hohen Feinstaubwerte mit einem schlichten Trick zu schönen. Eine rund 150 Meter vor der Messstation geplante Pförtnerampel sollte den Verkehr abseits der Station aufstauen und die Fahrzeugpulks dann auf Schleichfahrt an den Messfühlern vorbeischleusen. Doch den Stadträten aller Fraktionen war dieser 750 000 Euro teure Placeboeffekt zu teuer und viel zu dubios. Schließlich seien die Feinstaubschwaden in den innerstädtischen Straßenschluchten auch dort, wo nicht gemessen werde, fast überall zu hoch. Zudem könne mit dem Ampeltrick kein einziges Nanogramm Feinstaub vermieden werden. Inzwischen gibt es neue Pläne: Die Feinstaubwerte am Neckartor sollen mit einer Hinweistafel mit variablen Tempotipps für eine grüne Welle und einer zusätzlichen Blitzanlage gesenkt werden. Die Kosten betragen rund eine Million Euro.

Nicht nur im Kessel ein Problem

Doch nicht nur im Kessel, auch im Süden und auf den Fildern ist der Andrang auf der Straße ein Problem: Weil der Verkehr auf der A 8 fast täglich zusammenbricht, versuchen viele Autofahrer über die B 27 oder die Ostumfahrung voranzukommen. Doch dann gibt es auch dort rasch lange Blechschlangen.

Dagegen kann das Team der Integrierten Verkehrsleitzentrale (IVLZ) wenig tun. Die Experten verfügen nur in der Innenstadt über genügend flexible Steuerungsprogramme und Kameras, im verkehrsreichen Süden sind sie immer noch blind. Dort fehlt es nicht nur an Sensoren, die das aktuelle Fahrzeugaufkommen an die Leitstelle melden, sondern auch an Kameras, um aktuelle Verkehrslagen zu beobachten. Dabei genügt in diesem empfindlichen Bereich schon ein Unfall mit geringem Blechschaden, um ein großes Verkehrschaos auszulösen, das sich bis die Innenstadt auswirkt. Abhilfe ist vorerst nicht in Sicht. Denn die für den Ausbau der IVLZ benötigten zwei Millionen Euro stehen nicht im laufenden Doppelhaushalt. Erst von 2014 an können die Verkehrslenker auf neue Steuerungsmittel hoffen.

Stuttgart hat aber nicht nur Staub, Staus und Steine, sondern mit dem sich von der Innenstadt bis zum Kräherwald hinziehenden Grünen U auch viel Natur zu bieten. Seit wenigen Tagen sind es trotz des Aderlasses für Stuttgart 21 im Schlossgarten etliche Hektar mehr: Anfang Juli wurde das erweiterte Parkgelände, das sich von der Grünen Fuge am Kochenhof über die Rote Wand bis zur Feuerbacher Heide erstreckt, offiziell eingeweiht. Hier hat die Stadt nach dem Umzug der Messe zum Flughafen mehr als zehn Millionen Euro in verschlungene Wege und Wiesen mit Wildblumen investiert und der Versuchung widerstanden, teuren Boden auf dem Killesberg als lukratives Bauland zu veräußern.

Mehr Grün ist gut für den Klimaschutz, bei dem Stuttgart seine selbst gesteckten Ziele allerdings bei Weitem noch nicht erreicht hat. Stuttgart - Von 1990 bis 2010 ist der Ausstoß des Klimakillers Kohlendioxid (CO2) um rund zwölf Prozent zurückgegangen. Der Gemeinderat hat allerdings beschlossen, die Treibhausgase bis 2020 um 40 Prozent zu reduzieren. Je Einwohner verringerte sich der CO2-Ausstoß zwischen 1990 und 2005 aber lediglich von 9,7 auf 8,9 Tonnen.

Stadträtin moniert „anspruchsloses Ziel“

Höhere Einsparungen sollen auch die Stadtwerke Stuttgart (SWS) ermöglichen: Mit deren Gründung will die Stadt selbst eine umweltgerechte Energieversorgung leisten. Die neue Tochter hat bereits mit den Elektrizitätswerken Schönau eine Vertriebsgesellschaft für Ökostrom und Gas gegründet, welche die Bürger von Oktober an versorgen will. Unabhängig davon bewerben sich die SWS auch um die bis Ende 2013 an die Energie Baden-Württemberg (EnBW) vergebenen Konzessionen für Strom, Gas und Fernwärme. Der Gemeinderat hat gerade Stuttgart - die Konzessionsvergabe für die nächsten 20 Jahre auf den Weg gebracht. Die Stadt ist in einer Doppelrolle: Einerseits vergibt sie die Wegerechte für die Netze, andererseits bewirbt sich ihre Tochter SWS darum. Deshalb muss die Vergabe transparent erfolgen. Als Stromproduzent sind die SWS noch ein kleines Licht. Das erste „Kraftwerk“ im Neckarpark kann 100 Haushalte mit sauberem Sonnenstrom versorgen. Von 2013 an sollen aber 70 Millionen Euro im Jahr in Windräder, Sonnenkraftwerke und Blockheizkraftwerke investiert werden.