Travestiekünstlerin Selma Kruppschke betont bei uns ihre Ernsthaftigkeit: Sie will OB werden.

Freizeit und Unterhaltung: Theresa Schäfer (the)

Stuttgart - Unter den 17 Bewerbern, die im Oktober bei der Oberbürgermeisterwahl in Stuttgart antreten wollen, ist sie sicher einer der schrägsten: Selma Kruppschke, hinter der sich der 48 Jahre alte Travestiekünstler Bernd Thomas Heier verbirgt. Doch „Bernd Heier genannt Selma Kruppschke“ - so wird es auf dem Wahlzettel stehen, wenn die Kandidatin die nötigen 250 Unterschriften zusammenbekommt - hat es satt, mit Spaßkandidaten wie Markus Vogt, der für „Die Partei“ antritt, in einen Topf geworfen zu werden: „Entweder man meint es ernst oder man lässt’s“, sagte Kruppschke im Interview.

 

Es ist der 7. Oktober 2012 – gesetzt den Fall, Sie dürfen antreten: Wie viel Prozent der Stimmen erhalten Sie im ersten Wahlgang?

Selma Kruppschke: Das weiß man am Ende der Wahl. Als einzige Kandidatin, die noch nie ein politisches Amt ausgeübt, aber dafür eine kaufmännische Ausbildung als Friseurmeisterin hat, biete ich eine authentische Alternative zu den Mitkandidaten. Wenn die Stuttgarter Bürger das auch so sehen, mache ich mir keine Sorgen, und bin guten Mutes, dass ich unter die ersten Fünf komme.

Wie kamen Sie darauf, sich zu bewerben?

Sich öffentlich oder daheim über die jetzigen Kandidaten oder die Politikverdrossenheit aufzuregen, ist mir zu wenig. Als ohnehin schon öffentliche Person bin ich nicht auf Macht aus. Ich möchte den Stuttgarter Bürgern dienen und nicht mir. Mein Ziel ist es, ein offenes Ohr für deren Anliegen haben und Stuttgart nach vorn zu bringen.

Fassen Sie Ihr Programm doch mal in drei Stichworten zusammen.

Ehrlichkeit, Toleranz, Bürgernähe.

Was würden Sie als erstes in Stuttgart ändern, wenn Sie OB wären?

Unnötige Ausgaben stoppen, so weit das rechtlich möglich ist. Dann klar und sachlich neuberechnen und verteilen. Keine extra Ausgaben mehr – ich plane Schuldenminimierung, ohne die Bürger zu belasten. Bildung, Kinder, Senioren und Behinderteneinrichtungen sowie die Kunst müssen weiter unterstützt werden. Auch ich will einen kleinen Beitrag für ein besseres Stuttgart leisten, wenn ich Oberbürgermeisterin bin: 70 Prozent meiner Besoldung werde ich an Vereine spenden.

Meinen Sie, Sie bekommen die nötigen 250 Unterschriften zusammen?

Ich zweifle nie, das Wort gibt es nicht in meinem Wortschatz! Meine Willenskraft erkennt man daran, dass ich 2011 40 Kilo abgenommen habe. Ich bin beim Stuttgarter Lauf den Halbmarathon gelaufen - glauben Sie, Zweifel haben mich dazu motiviert?

Jetzt mal ehrlich: Können Sie die ernsthaften Kandidaten verstehen, die solche Spaßbewerbungen nerven?

Wen meinen Sie denn mit "Spaßkandidaten"? Etwa mich? Ich will mich nicht mit Kandidaten wie Herrn Vogt von „Die Partei“ in einen Topf werfen lassen. Humor darf nicht zu kurz kommen, aber nicht wenn es um Gelder und das Ansehen der Stuttgarter geht. Die Zeiten des Verarschens sind vorbei: Entweder man meint es mit der Kandidatur ernst oder man lässt es. Mir liegt daran, dass sich die Wähler mein Programm genauso zu Gemüte führen wie das eines Herrn Kuhn oder Turner oder Rockenbauch.

Zur Wortwahl: Ich bezeichne übrigens Journalisten auch nicht als "Spaßjournalisten", nur weil sie noch keinen Preis für herausragenden Journalismus oder professionelle Berichterstattung bekommen haben.

Und wen wählen Sie am 7. Oktober?

Wie viele andere interessierte, tolerante und weltoffene Stuttgarter Bürgerinnen und Bürger auch: Selma Kruppschke.

OB-Kandidatin Selma Kruppschke im Netz und auf Facebook

Zur Person: Hinter Selma Kruppschke steckt der Travestiekünstler Bernd Thomas Heier (48). Der gebürtige Esslinger lebt seit 1990 in Stuttgart und ist gelernter Friseur.