Barack Obama ist der erste US-Präsident seit 88 Jahren, der den lange Zeit isolierten Inselstaat besucht. Doch während der Amerikaner sich entspannt zeigt, gerät der Besuch für die kubanische Führung zum Drahtseilakt.

Korrespondenten: Klaus Ehringfeld (ehr)

Stuttgart - In den „Almendrones“, den kubanischen Sammeltaxis, gab es am Montagmorgen nur ein Gesprächsthema: Den Besuch von US-Präsident Barack Obama in Havanna und Kuba. Und der Tenor war eindeutig: Der Empfang am Sonntagabend war kühl, nicht nur weil es in Strömen regnete. Sondern vor allem, weil Präsident Raúl Castro nicht am Flughafen war. Das war protokollarisch zwar korrekt, aber bei anderen Staatschefs waren Castro oder sein Stellvertreter Miguel Diáz-Canel sehr wohl an die Rollbahn gekommen. Etwa bei Venezuelas Staatschef Nicolás Maduro, dem Papst oder Russlands Präsident Wladimir Putin.

 

Wenn die Ankunft des ersten Staatschefs der Vereinigten Staaten in 88 Jahren ein Symbol für die ganzen drei Tage seiner geschichtsträchtigen Visite ist, dann wird es eher ein unterkühltes Treffen. Zumindest von kubanischer Seite: Während Obama freundlich lächelnd den Menschen auf der Insel ein: „Que bolá, Cuba“, „Wie geht’s Kuba“ zuwarf, schickte Castro seinen Außenminister Bruno Rodríguez zum Airport und seine Polizei Stunden vorher zu einer Demonstration der Oppositionsgruppe „Damas de Blanco“. Die „Damen in Weiß“ hatten vor der Weltpresse mit Rufen und Pamphleten verkündet, die Menschen auf der Insel wünschten sich ein „Kuba ohne Castros“.

Castro will dem Besuch die Bedeutung nehmen

Diese Behauptung ist mutig, gibt sie doch nur den Wunsch eines Teiles der Bevölkerung wieder. Aber bei diesem Besuch, der so überfrachtet ist, kommt es auf die Symbole an. Zumal die beiden Politiker und ihre Delegationen zwar viel miteinander vereinbaren werden, aber ob sie es auch offen kommunizieren, bleibt eher fraglich. Die offizielle kubanische Seite tut bisher alles, um dem Obama-Trip die Bedeutung zu nehmen: Sie lud etwa Venezuelas Staatschef Nicolás Maduro zwei Tage vor Obamas Ankunft ein und verlieh ihm einen Orden. Maduro durfte Fidel Castro treffen und die Staatspresse berichtet davon auf den ersten Seiten. Mehr Symbolik geht nicht mehr. Ob allerdings Barack Obama, der für seinen Besuch in dem Inselstaat zuhause in die Kritik geraten war, über das ausgebliebene Treffen mit Fidel Castro ernsthaft traurig ist, bleibt fraglich.

Das alles kontrastiert deutlich mit dem, was die Menschen in Kuba empfinden. Sie wünschen sich, dass der US-Präsident Veränderungen bringt oder zumindest einige Reformen im Land anstoßen kann. „Es ist etwas Unvorstellbares“, sagt Rebecca Mayorga, eine Frau Mitte 60. „Ich hätte nicht gedacht, dass ich hier noch mal einen US-Staatschef erlebe“, sagt sie. Obama müsse dafür sorgen, dass „El bloqueo“, das Embargo abgeschafft werde. Sie wird genauso enttäuscht werden, wie die anderen Millionen Menschen auf der Insel, die sich das gleiche wünschen.

Das Handelsembargo wird immer stärker gelockert

Am Montagnachmittag (Ortszeit) war der offizielle Meinungsaustausch zwischen Obama und Castro geplant. Danach wird man vielleicht eine Vorstellung davon haben, wie viel Spielraum beide Seiten für Veränderungen haben. Der Höhepunkt des Besuchs wird Obamas Rede im „Gran Teatro de La Habana“ sein, dem schönsten und größten Schauspielhaus des Landes. Dort wird er am Dienstag über die Zukunft der US-kubanischen Beziehungen sprechen. Für das Weiße Haus ist dieser Event das „Centerpiece“ der Reise. Man darf gespannt sein.

Mitte Dezember 2014 hatten Präsident Obama und Raúl Castro völlig überraschend ein Ende der Eiszeit vereinbart, die diplomatischen Beziehungen wurden 2015 wieder vollständig aufgenommen, Botschaften eröffnet, das Handelsembargo gelockert und in manchen Bereichen fast aufgeweicht, etwa bei Reisen. Weitere Annäherungen gibt es im Finanzbereich, die zulässigen Auslandsüberweisungen wurden auf 8000 Dollar vervierfacht. Man kann wieder ohne Umweg über Drittstaaten telefonieren. Seit wenigen Tagen gibt es auch wieder einen direkten Postverkehr.