Der Weg für einen unbefristeten Streik im öffentlichen Nahverkehr ist frei: Über 96 Prozent der Beschäftigten stimmten für neue Arbeitskampfmaßnahmen.

Stuttgart - Bei der Urabstimmung im Tarifkonflikt des öffentlichen Nahverkehrs haben knapp 97 Prozent der gewerkschaftlich organisierten Beschäftigten im Land weiteren unbefristeten Arbeitskampfmaßnahmen zugestimmt. Aus Gewerkschaftskreisen war aber zu hören, dass nach dem zweitägigen Warnstreik am Montag und Dienstag in dieser Woche keine Arbeitsniederlegungen geplant seien. Am Donnerstag trifft sich die Verdi-Tarifkommission in Ulm, um über weitere Schritte zu beraten. „Wir erwarten dort ein neues Angebot der Arbeitgeber“, erklärte der SSB-Betriebsratsvorsitzende Klaus Felsmann, der Mitglied der Tarifkommission ist.

 

Falls es zu einem besseren Angebot komme, das sich als verhandlungsfähig erweise, dann könnten die Gespräche kurzfristig wieder aufgenommen werden. „Falls nicht, dann ist von der nächsten Woche an wieder mit Streiks zu rechnen“, so Felsmann. Dabei will Verdi aber zu Arbeitskampfformen greifen, „welche die Arbeitgeber hart treffen, ohne die Nahverkehrskunden zu verärgern“. Um auch in Zukunft eine gute und sichere Versorgung im Nahverkehr zu gewährleisten, müssten sich die Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten deutlich verbessern.

„Unverhältnismäßig und überzogen“

Der Kommunale Arbeitgeberverband (KAV) hat die Gewerkschaft Verdi hingegen aufgefordert, wieder an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Nach Ansicht des KAV war der zweitägige Warnstreik am Montag und Dienstag dieser Woche „unverhältnismäßig und überzogen“.

Der KAV-Ausschuss Nahverkehrsbetriebe und Häfen hatte sich am Dienstag in Stuttgart getroffen und die aktuelle Lage bei der Auseinandersetzung über einen Manteltarifvertrag erörtert. Die Sitzungsteilnehmer verurteilten dabei die 48-stündigen Arbeitskampfmaßnahmen. Die lange Dauer zu Lasten der Fahrgäste habe alle bisherigen Warnstreiks übertroffen. Man betrachte die „Radikalisierung und die mangelnde Kompromissbereitschaft von Verdi in Baden-Württemberg mit Sorge“, heißt es in einer Pressemitteilung des Verbandes. Angesichts der bereits bestehenden Spitzenposition bei der Bezahlung von Bus- und Straßenbahnfahrern im Bundesvergleich und im Verhältnis zu den privaten Wettbewerbern sei dieses Verhalten völlig unverständlich.

Die KAV-Vertreter haben deshalb Verdi aufgefordert, an den Verhandlungstisch zurückzukehren und ernsthaft über das KAV-Angebot vom 27. September 2011 zu verhandeln. Damals hatte die Gewerkschaft nach vier Runden das Scheitern der Verhandlungen erklärt. „Der Konflikt kann nicht auf der Straße und auf dem Rücken der Bevölkerung, sondern nur am Verhandlungstisch gelöst werden“, erklärte Joachim Wollensak, Hauptgeschäftsführer des KAV in Baden-Württemberg. Die Arbeitgeber seien zu konstruktiven Verhandlungslösungen bei den Arbeits- und Rahmenbedingungen bereit.