Im Negev wächst die Angst vor dem nächsten Regen. Er könnte das Öl aus der leckgeschlagenen Pipeline ins Rote Meer schwemmen. Die Behörden sprechen schon jetzt von einer der größten Umweltkatastrophen in der Landesgeschichte.

Stuttgart - Im Wettlauf mit der Zeit versuchen israelische Umweltbehörden, die Ölpest im Negev unter Kontrolle zu bringen, bevor sie das Rote Meer verseucht. Noch lacht Sonnenwetter am Südzipfel Israels, wo am Donnerstag vergangener Woche drei Millionen Liter Rohöl aus einer bei Wartungsarbeiten leckgeschlagenen Pipeline in eine Wüstensenke geflossen waren – nahe einem Naturschutzgebiet, zwanzig Kilometer nördlich des Badeortes Eilat. Von diesem Dienstag an sind Regenfälle vorhergesagt. Sie könnten das Öl aus dem verschmutzten Boden ins Rote Meer spülen und dessen Korallenbänke gefährden.

 

Schon jetzt sprechen die Behörden von einer der größten Umweltkatastrophen in der Landesgeschichte. Aber es könnte noch schlimmer kommen. Nun gehe es darum, möglichst viel des im Evrona-Reservat versickerten Öls   aus dem Boden zu holen, ehe es in den Meeresgolf geschwemmt werde, sagte Guy Samet, der für den Süden Israels zuständige Direktor im Umweltministerium. Das hätte schwere ökologische Folgen, gerade auch für die unter Naturschutz stehenden Korallenriffe an Eilats westlichen Stränden. Zudem gibt es im Negev Grundwasserspeicher in 25 Meter Tiefe, die durch eindringendes Öl ebenfalls gefährdet werden können. Niederschlagstage sind im Negev zwar selten, aber wenn es regnet, füllen sich die Wüstenwadis binnen Rekordzeit mit Wasser und schwellen zu reißenden Flüssen an.

Ein Jahr bis zur vollständigen Rehabilitation der Natur

Mehr als 6000 Tonnen kontaminierten Wüstenbodens wurden bereits abgetragen und sollen verbrannt werden.   Größere Öllachen konnten von der Betreiberfirma der Treibstoffpipeline, die Eilat mit der Hafenstadt Aschkelon verbindet, abgepumpt werden. Unübersichtlicher sind die Ölrinnsale, die wie ein riesiges pechschwarzes Adernetz ein Gebiet von mehr als sieben Kilometer Länge durchziehen. Sie ließen sich zu einem beträchtlichen Teil nur biologisch behandeln, also unter Einsatz zersetzender Mikroben, meint Gilad Gloub, der Leiter einer israelischen Umweltgesellschaft. Bis zur vollständigen Rehabilitation der Natur sei mit mindestens einem Jahr zu rechnen. Die Kosten schätzt Gloub auf 30 Millionen Schekel (etwa 7,5 Millionen Euro). Das entspricht fast dem fünffachen Wert des ausgelaufenen Rohöls.

Wegen der Ölpest sind Insekten, Libellen und seltene, vom Aussterben bedrohte Echsen verendet. Die Gämsen und Vögel, die in dem Naturreservat leben, scheinen die Öllachen zu meiden. Welche Folgen die Verschmutzung für eine hier wachsende, aus Afrika stammende Palmenart   und die Akazienbäume hat, bleibt abzuwarten. Giftige Benzoldämpfe waren noch am Tag nach Unglück unweit des Pipeline-Lecks gemessen worden. Mehr als achtzig Personen hatten sich wegen Atemproblemen in Behandlung begeben.

Das Pipeline-Leck nahe des Roten Meers