Die Pistenbutler auf den Pisten der Turracher Höhe in den österreichischen Nockbergen helfen bei Triefnasen, trockenen Kehlen - und Heiratsanträgen.

Turrach - Zack! Und schon ist’s passiert. Der letzte Schwung vor der Einkehr in die Skihütte. Vorfreude auf deftige Kärntner Käseknödel und ein feines Gläschen Wein aus der Steiermark. Doch plötzlich fliegt die Bindung vom Ski. Einfach so. Zum Glück hat der Skifahrer nur noch wenig Tempo drauf. Allerdings kein Werkzeug zur Hand. Geschweige denn eine Ahnung, wie er das Malheur auf knapp 2000 Meter Höhe eigenhändig reparieren könnte. Ulrich Knallnig sitzt gerade über seinem Mittagessen. Zufällig hat er das Missgeschick des Urlaubsgastes beobachtet. Knallnig zögert keine Sekunde und nähert sich dem Gast mit dem kaputten Ski. Sein langer Filzmantel erinnert an den Umhang eines Schutzpolizisten. Ein paar geübte Handgriffe, und die Bindung sitzt wieder fest. Der Urlaubstag ist gerettet - dank Pistenbutler Ulrich Knallnig. Auf der Turracher Höhe in den österreichischen Nockbergen, Teil der Gurktaler Alpen, gibt es insgesamt drei Pistenbutler. Kostenlose Dienstleister im Skigebiet, die Mädchen für alles sind: ambulante Werkstatt, Orientierungshilfe, Fremdenführer, Erste Hilfe, Gastroführer und nicht zuletzt Freudenspender - Lollis und Traubenzucker für die Kleinen, ein Gläschen Prosecco für die Großen. Und für triefende Nasen gibt’s eine Packung Taschentücher. Alles gratis.

 


14 Liftanlagen und 42 Pistenkilometer werden von den Butlern „bedient“

Per Ski und Motorschlitten sind Ulrich Knallnig und zwei Kollegen unterwegs. Schon morgens, bevor sich die ersten Liftanlagen drehen, kochen sie Kaffee und drapieren frische Äpfel im sogenannten Wohnzimmer an der Talstation. Danach geht’s auf die Hänge und Pisten. 14 Liftanlagen und 42 Pistenkilometer werden von den Butlern „bedient“. Darunter die nigelnagelneue Schafalmbahn mit zeitgerechter Ausstattung von Sitzheizung bis Wetterschutzhaube. Die Bahn erweitert das Skigebiet um vier Abfahrten in allen Farben: Blau, Rot, Schwarz. Die Gäste fahren besonders auf die mobile Bar ab, die die Pistenbutler im Schnee aufbauen: Nachmittags wird der Klapptisch ausgepackt und Prosecco ausgeschenkt. Bis zu sieben Kartons à sechs Flaschen gehen täglich drauf. „Das sind mehr Liter als in den Tank des Motorschlittens passen“, lacht Gertraut Brandstätter. Die 53-Jährige ist seit einigen Jahren Pistenbutlerin und findet, dass sie einen wunderbaren Beruf hat. „Weil wir unseren Gästen Freude bereiten“, sagt sie. Wenn der Winter langsam ins Frühjahr übergeht, drücken die Pistenbutler den Gästen Eis von einem Biobergbauern in die Hand: Kundenbindung von Kunden mit Skibindung. Zu ihnen gehört auch Franz Klammer. Die österreichische Abfahrtslegende mit olympischer Goldmedaille von 1976 wedelt häufiger auf den Pisten der Turracher Höhe.


Die Hochebene, die unter deutschen Skitouristen relativ unbekannt ist, bietet perfekte Ausblicke. Etwa an der Bergstation des 2205 Meter hohen Kornock. Oder an der Zirbenwaldbahn. Von dort ist der Turracher See zu erspähen, der im Winter fast immer fest zugefroren ist und das Skigebiet in zwei Teile trennt: südlich und nördlich des Sees. Sie sind über ein Seetaxi miteinander verbunden. Ein Traktor nimmt die Skifahrer ins Schlepptau und zieht sie von einem Ufer zum nächsten. Eine kostenlose Zusatzgaudi für Brettlfans. Viele Pisten werden übrigens von wohlriechenden Zirben gesäumt - daher auch der Name Zirbenwaldbahn. Diese knorrigen Charakterköpfe unter den Bäumen kommen in den Alpen immer seltener vor. Die Turracher Höhe verfügt aber über einen der größten zusammenhängenden Zirbenbestände. Die Region gilt übrigens als äußerst schneesicher. Und als geschmackssicher, was womöglich daran liegt, dass die Grenze zwischen Kärnten und der Steiermark genau auf der Turracher Höhe verläuft. Das Beste aus beiden Bundesländern wird aufgetischt. Hoch im Kurs stehen Reindl-Gerichte - so nennt man hier Gerichte aus der Pfanne. Einiges auf der Pfanne müssen die drei Pistenbutler haben. Seit 15 Jahren verrichten sie auf der Turracher Höhe ihren Dienst. Und sind auch bei Heiratsanträgen behilflich, weil sie die schönsten Stellen für den Kniefall kennen. Wir geben zehn Jahre Garantie auf die Ehe.“ Ulrich Knallnig grinst. „Und bis jetzt hat noch keine der Damen Nein gesagt.“