Stefan Pierer, der Chef der österreichischen Industriebeteiligung, ist weiter den Aalener Traditionskonzern interessiert, trotz des Nein von Vorstand und Aufsichtsrat. Bis 8. August läuft die Frist. Angesichts des jüngsten Autoskandals spricht er von einem „sehr fairen Angebot“.

Stuttgart - Stefan Pierer bleibt dabei. „Wir haben ein sehr faires Angebot vorgelegt“, sagt der Chef der Pierer Industrie AG im oberösterreichischen Wels. Pierer spricht über den Aalener Autozulieferer SHW, den er übernehmen will. 35 Euro hat die Industriebeteiligungsgesellschaft für jede SHW-Aktie geboten. Zu wenig, befanden am Montag Vorstand und Aufsichtsrat des Bremsenherstellers. Entsprechend empfehlen sie den SHW-Aktionären, das Angebot nicht anzunehmen.

 

Pierer will den Angebotspreis jedoch nicht erhöhen, sagt er im Gespräch mit dieser Zeitung. Die Offerte liege bereits am oberen Ende der Bewertung durch Finanzanalysten, erläutert er. Seinen Angaben zufolge sehen Analysten den Wert der SHW-Aktie zwischen 28 und 35 Euro. Aber er will ihn auch nicht senken, betont er – und verweist auf die aktuelle „Eskalation des Dieselskandals“. Trotz des Nein aus Aalen läuft das Übernahmeangebot nun wie geplant bis 8. August. Die Stuttgarter LBBW wird die von Anlegern angebotenen Aktien für die Österreicher einsammeln.

„Geschichte an Dramatik kaum zu überbieten“

Besorgt verfolgt Pierer den jüngsten Autoskandal hierzulande. „Die Geschichte ist an Dramatik kaum zu überbieten“, sagt er. Dass sie sich auf die Autohersteller und die Zulieferer auswirken wird, steht für ihn außer Frage, das Ausmaß sei allerdings nicht abschätzbar. Und gerade dies macht die Entscheidung für die Anleger – ob sie das Übernahmeangebot annehmen sollen oder nicht – schwer. Der umtriebige Österreicher hat seine dezidierte Meinung: Kein privater Kunde werde mehr einen Diesel kaufen, vermutet er. Die Selbstzünder würden in einer „Affengeschwindigkeit“ ersetzt, befürchtet Pierer. Er vermutet eine Entwicklung weg vom Diesel und hin zu Benzinern und Hybrid-Fahrzeugen. Auch für SHW werde die Bewältigung der Dieselkrise kostenintensiv und herausfordernd sein, sagt er. Zum einen liege der Anteil an Dieselkomponenten bei der SHW bei etwa 25 Prozent. Zum anderen haben die Aalener drei Großkunden, die allesamt unter Verdacht stehen: VW, Daimler und BMW. Im vergangenen Jahr hat SHW rund 40 Prozent seines gesamten Umsatzes (406 Millionen Euro) allein mit Marken des Wolfsburger Konzerns erzielt. Weitere 15 Prozent der Erlöse entfielen auf Daimler und weitere neun Prozent auf BMW.

40 Prozent des Umsatzes erzielt SHW mit VW

Auch der SHW-Vorstand kennt die aktuelle Lage, dennoch sieht er für die kommenden Jahre ein erhebliches Wachstumspotenzial. Er hält an seiner Annahme fest, dass der Umsatz bis 2020 um 50 Prozent in die Höhe schnellen und sich Margen und Ergebnis signifikant verbessern werden. Nicht zuletzt im Ausland sehen die Aalener, die im vergangenen Jahr noch 56 Prozent ihres Umsatzes in Deutschland erzielten, ihre Chancen. So soll mit Investitionen von 30 Millionen Euro die Fertigung in China, Nordamerika und Osteuropa hochgefahren werden. Nach Ansicht von Pierer, der knapp 19 Prozent der SHW-Aktien bereits besitzt, ist dies die richtige Strategie. Und mit einer Eigenkapitalquote von 53 Prozent sei SHW auch gut aufgestellt. Er traut den Aalenern zu, „aus eigener Kraft den Weg zu gehen“, wie er sagt. Doch unter dem Dach und mit Unterstützung der Österreicher könnte SHW auf diesem Weg deutlich an Geschwindigkeit zulegen, verspricht Pierer.