Eine hochkarätig besetzte Diskussionsrunde zeigt die Probleme der Energiewende auf: EU-Kommissar Oettinger und SPD-Fraktionschef Schmiedel sind sich einig, dass Genehmigungsverfahren zu lange dauern. Das liege auch am massiven Widerstand mancher Bürger.

Baiersbronn - Die Forderung nach schnelleren Verfahren bei der Genehmigung von Windkraftwerken und Stromtrassen hat ein Diskussionsforum zur Energiewende in Baden-Württemberg bestimmt. „Eine Beschleunigung der Verfahren hilft allen“, sagte am Donnerstagabend der bisherige EU-Energiekommissar Günther Oettinger in Baiersbronn (Kreis Freudenstadt). Der SPD-Fraktionsvorsitzende in Baden-Württemberg, Claus Schmiedel, äußerte sich besorgt, dass die Skepsis gegenüber der Windkraft zunehme.

 

Schmiedel sprach von einem „Stuttgart-21-Effekt“: Wie bei dem Bahnprojekt werde bei der Windkraft aus einer zunächst populären Idee ein Projekt mit schwindender Zustimmung. Es werde immer schwieriger, Standorte zu finden und sie genehmigt zu bekommen.

"Ob's den Roten Milan am Hinterkopf erwischt"

Der SPD-Politiker kritisierte, Energieprojekte scheiterten oft an Einwänden des Naturschutzes. „Komisch, dass an jedem Standort auf einmal der Rote Milan auftaucht“ und bei Windrädern immer gefragt werde, „ob das den Roten Milan am Hinterkopf erwischt“, sagte Schmiedel.

Ähnlich äußerte sich der Vorstand der Bühler BürgerEnergiegenossenschaft, Hans Striebel. Anders als etwa in der Region Hohenlohe würden von Karlsruhe bis Offenburg so gut wie keine Windkraftanlagen errichtet. „Jeder will die Energiewende, und dass die Windkraft eine tragende Säule wird - aber bitte nicht vor meiner Haustür.“

EnBW-Chef Frank Mastiaux sprach sich für Kooperationen mit Kommunen und bürgerschaftlichen Energiegenossenschaften aus, auch in der Windenergie: „Man muss diese Projekte umsetzen, sonst werden wir eine Versorgungsunsicherheit haben.“

Allerdings halte der Ausbau der Verteilnetze für den Transport des Stroms in die Fläche nicht Schritt mit dem Zuwachs der Stromerzeugung aus Sonnen- und Windenergie, was zu einem erheblichen Problem werden könne.

Beim Strompreis erwartet Oettinger, der in der EU-Kommission jetzt für die digitale Wirtschaft zuständig ist, eine steigende Tendenz. „Die neuen Netze werden nicht von der Caritas gebaut, die Netzumlage wird steigen.“

Die Stromkosten machen energieintensiven Unternehmen besonders zu schaffen. „Wir sind arg belastet“, sagte der Geschäftsführer der SHW Schmiedetechnik in Baiersbronn, Ulrich Pfetzing. Dessen Unternehmen verarbeitet jährlich 3000 Tonnen Stahl zur Produktion von Zinken, Messern und Schlegeln für Landmaschinen. Im Vergleich zu Unternehmen wie in Frankreich habe die heimische Wirtschaft da einen klaren Standortnachteil. Überlegungen zu einer Verlagerung ins Ausland seien aber wieder verworfen worden.