Neuer Ärger für die EnBW: Der Oldenburger EWE-Chef Werner Brinker steht wegen seines Informationsgebarens und einer Sponsoringaffäre unter Druck.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Die Beteiligung am Oldenburger Versorger EWE bereitet der Energie Baden-Württemberg AG (EnBW) zunehmend Ärger. Nachdem die Regierungsfraktionen das Zwei-Milliarden-Euro-Engagement diese Woche im Landtag äußerst kritisch beurteilt haben, muss sich die EnBW nun auch noch mit einer verschwiegenen Korruptionsaffäre und Vorwürfen der Misswirtschaft bei EWE auseinandersetzen. Der EWE-Vorstandschef Werner Brinker sieht sich deswegen sogar mit Rücktrittsforderungen konfrontiert. Die EnBW dringt nun auf Aufklärung im Oldenburger Aufsichtsrat, wo die Karlsruher durch Konzernchef Hans-Peter Villis und den Technikchef Hans-Josef Zimmer vertreten sind.

 

Erst mit vier Jahren Verspätung war jetzt bekannt geworden, dass die EWE bereits im Jahr 2007 ein Bußgeld von 400.000 Euro akzeptiert hatte, um Ermittlungen wegen Vorteilsgewährung in Brandenburg zu beenden. Hintergrund war der Einstieg des Unternehmens 2002 bei den Stadtwerken Eberswalde. Für den Verkauf von Anteilen hatte es der Stadt einen Zuschuss von gut 300.000 Euro für die Landesgartenschau in Aussicht gestellt. Diese Verknüpfung wurde in einem Schreiben Brinkers und eines weiteren ehemaligen Vorstandes hergestellt, das jetzt an die Öffentlichkeit kam. Der Bürgermeister wurde nach Medienberichten zu einer Bewährungsstrafe verurteilt.

Eigner fordern Rücktritt

Vier Jahre danach sind Brinker und der Aufsichtsratschef Günther Boekhoff nun massiv in die Kritik geraten, weil sie über den Vorgang nur das Präsidium des Aufsichtsrates informiert hatten, nicht aber das gesamte Kontrollgremium. Viele Aufseher erfuhren erst aus der Zeitung von der Korruptionsaffäre und sind entsprechend erbost. Aus dem Kreis der kommunalen Eigner wird bereits der Rücktritt Brinkers und Boekhoffs gefordert. Beide seien "nicht mehr tragbar", werden Kreisräte in der Lokalpresse zitiert, es handele sich um ein "Stück aus dem Tollhaus". Brinker räumte inzwischen ein, das Schreiben an die Stadt Eberswalde sei "im Nachhinein ein Fehler" gewesen; man habe nie eine Vorteilsgewährung beabsichtigt.

Das Verfahren gegen ihn selbst sei wegen Geringfügigkeit ohne Bußgeld eingestellt worden. Aus heutiger Sicht wäre es "sicherlich besser gewesen", den gesamten Aufsichtsrat zu informieren. Möglicherweise habe der Vorstand die Situation "damals falsch bewertet". Ähnlich selbstkritisch äußerte sich Boekhoff für das Präsidium. Man sei stets überzeugt gewesen, "dass der Vorstand im Sinne des Unternehmens gehandelt hat", fügte er hinzu. Grundsätzlich bestehe eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen dem Gesamtgremium und dem Vorstand.

Brinker auch wegen Misswirtschaft in der Kritik

Die EnBW teilte auf Anfrage mit, der Vorfall liege "zeitlich deutlich" vor ihrem Eintritt in den Gesellschafterkreis - die Übernahme von 26 Prozent der EWE-Anteile erfolgte 2009. Zudem betreffe er die operative Verantwortung der Unternehmensführung. Gleiches gelte für die aktuellen Vorwürfe wegen Misswirtschaft, in deren Zentrum ebenfalls Brinker steht.

Dabei geht es um eine Art Sponsoringprogramm der EWE, mit dem Schüler für ein Leben ohne Drogen und Gewalt ertüchtigt werden sollen. Das Unternehmen zahlte für das "Sign" genannte Projekt jährlich bis zu 3,3 Millionen Euro an eine Präventionsagentur. Diese sollte mehr als 1200 Schulklassen an über 100 Schulen die Teilnahme an ensprechenden Kursen ermöglichen. Nach Medienberichten gab es jedoch nur wenige hundert Veranstaltungen, erhebliche Teile des Geldes habe die Agenturchefin anderweitig verwendet. Die Rechnungen hatte Brinker offenbar persönlich abgezeichnet - ohne Beanstandung. Ein EnBW-Sprecher teilte dazu mit, man erwarte dazu einen Bericht im EWE-Aufsichtsrat. Derzeit dauere die interne Aufarbeitung in Oldenburg noch an, deshalb wolle man sich zur Sache nicht äußern.