Zehntausende Besucher feiern die Wiederauferstehung der Solituderennstrecke – und hoffen nun auf eine Wiederholung.

Stuttgart - Mehr als 700 historische Fahrzeuge und Zehntausende Besucher haben am Wochenende die Wiederauferstehung der einstigen Solituderennstrecke zelebriert. Die Rennautos und -motorräder führten auf der 11,4 Kilometer langen Schleife durch den Glemswald eine Motorsport-Zeitgeschichte vor. Bis 1965 war der Solitudering der Austragungsort von Formel-1-Rennen. Der Anlass für die Veranstaltung am Wochenende war das 125. Jubiläum des Automobils in diesem Jahr.

 

Der Stuttgarter Oberbürgermeister Wolfgang Schuster, sein Leonberger Kollege Bernhard Schuler und der Böblinger Landrat Roland Bernhard stellten in Aussicht, dass sich das "Revival" wiederholen könne. Der für den Naturschutz zuständige Landrat Bernhard findet gar, dass ein regelmäßiges Treffen wieder einen "Kultstatus" erhalten und sich zur überregionalen Marke entwicklen könnte. Der Organisator Karl-Ulrich Herrmann, der auch die Messe Retro-Klassik organisiert, und die Ehrenamtlichen des Vereins Solitude Revival hörten die frohe Kunde gerne, übertönte sie doch manche Missstimmung im Vorfeld. Wie berichtet hatte sich der ADAC geweigert, sein Gelände an der einstigen Zielgeraden zur Verfügung zu stellen. So musste die einzige Zufahrtstraße zugleich als Fahrerlager und Boxengasse herhalten. Die rund 30.000 Besucher nahmen die Enge mit Langmut und warteten auch geduldig auf viel zu wenig Pendelbusse, die von Leonberg aus ans Glemseck fuhren.

"Es ist also doch so wie früher"

Unterhalb der Stuttgarter Parkseen lieferten die Kurvenkombinationen spektakuläre Bilder, als beispielsweise der 83-jährige Rekordrennfahrer Hans Herrmann mit einem 550 Spyder im Zwischengas mit fauchendem und heulendem Boxermotor ins Mahdental hinabschoss, dicht gefolgt vom einstigen Porsche-Werksfahrer und 911er-Miterfinder Herbert Linge. Spätestens als ihnen von den Böschungen im Wald heraus Besucher zuwinkten, grinste Linge verschmitzt: "Es ist also doch so wie früher." Theoretisch hatte es nämlich ein Betretungsverbot für die Wälder gegeben - und auch ein Tempolimit von 60 bis 80 Stundenkilometern für den Rundkurs. Praktisch läuft ein Rennwagen im lässigen Schiebebetrieb mit 4000 Umdrehungen aber locker Tempo 100, was ein Fahrer wie Linge als Spazierfahrt einordnet.

Und historisch korrekt ist auch, dass die einstigen Solituderennen ohne Zaungäste und selbst gezimmerte "Naturtribünen" im Wald kaum jene Besuchermassen angezogen hätten, die bis zum letzten Rennen anno 1965 "Leonberg zum Zentrum des Motorsports" machten, wie Oberbürgermeister Schuler sagte: "An die Solitude strömten mehr Besucher als an den Nürburgring und die Avus." Die heimische Autoindustrie mit Marken wie Daimler, Bosch und Porsche, tolle Fahrertypen sowie eine extrem schwierige Bergstrecke habe den Mythos Solitude begründet, erklärte Schuler.

Die Strecke und die Typen waren auch am Wochenende zu erleben, doch Matthias Müller stand recht einsam in seinem Rennanzug in der Boxengasse. Der Porsche-Vorstandsvorsitzende übte sich am Wochenende weniger als Unternehms-, denn als Rennwagenlenker. Die anderen Hersteller wie Audi oder Mercedes mit seinen Silberpfeilen waren daheim geblieben. "Für Porsche ist völlig klar, dass wir hier dabei sein müssen", meinte Müller angesichts der enthusiastischen Fans. Schließlich will Porsche (wie berichtet) einen Spyder entwickeln, der die selben Emotionen wecken soll, wie der 82-jährige Linge in seinem James-Dean-Flitzer am Glemseck.