Das Oberlandesgericht Karlsruhe lehnt es ab, doch noch Ermittlungen gegen den Ex-Staatsanwalt Bernhard Häußler wegen dessen Rolle beim „Schwarzen Donnerstag“ aufzunehmen.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Der frühere Oberstaatsanwalt Bernhard Häußler muss endgültig keine Ermittlungen mehr wegen seiner Rolle beim Polizeieinsatz am 30. September 2010 im Stuttgarter Schlossgarten befürchten. Vor dem Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe ist jetzt ein Klageerzwingungsverfahren gescheitert, das die Anwältin einer Verletzten angestrengt hatte. Das OLG wies ihren Antrag ohne inhaltliche Prüfung als unzulässig zurück, weil er den strengen Anforderungen nicht genügt habe, sagte ein Gerichtssprecher. Damit bleibt es bei der von der Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe bestätigten Entscheidung der Staatsanwaltschaft Heidelberg, gegen Häußler kein Verfahren wegen fahrlässiger Körperverletzung im Amt durch Unterlassen einzuleiten.

 

Der wegen seines harten Vorgehens gegen Demonstranten umstrittene Oberstaatsanwalt hatte den „schwarzen Donnerstag“ an der Seite des Stuttgarter Polizeipräsidenten Siegfried Stumpf verbracht. Im Zuge des Stuttgarter Wasserwerfer-Prozesses war deutlich geworden, dass Stumpf Wasserstöße gegen die Köpfe von Demonstranten gesehen haben musste, aber nicht eingeschritten war. Gegen ihn kamen daraufhin doch noch Ermittlungen in Gang, nachdem Häußler ein Verfahren lange abgelehnt hatte. Stumpf akzeptierte schließlich einen Strafbefehl über 120 Tagessätze wegen fahrlässiger Körperverletzung im Amt und ist somit vorbestraft.

Geschehen im Schlossgarten beobachtet

Auf den im Prozess gezeigten Aufnahmen war zu sehen, wie der Oberstaatsanwalt neben dem Polizeipräsidenten das Geschehen im Schlossgarten beobachtete. Daraufhin kam eine Prüfung in Gang, ob auch er sich strafbar gemacht haben könnte, weil er nicht eingriff. Auf Bitten von Justizminister Rainer Stickelberger (SPD) wurde damit die Staatsanwaltschaft Heidelberg beauftragt. Sie kam zu dem Ergebnis, dass „unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten“ kein Anfangsverdacht vorliege, also auch kein Verfahren einzuleiten sei.

Begründung: Häußler sei für den Wasserwerfereinsatz nicht zuständig gewesen und habe auch kein Weisungsrecht gegenüber der Polizei gehabt. Eine Beschwerde gegen die Entscheidung wies die Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe zu Jahresbeginn zurück.

Als Zeuge im Wasserwerferprozess hatte der inzwischen pensionierte Oberstaatsanwalt berichtet, wie er auf den aus dem Ruder laufenden Polizeieinsatz reagierte: Er habe seine Behörde darüber informiert und fortan, um nicht in Schwierigkeiten zu kommen, bei der Kommunikation der Polizei gezielt weggehört. Zugleich bekundete er sein Unverständnis, dass Demonstranten sich angesichts der Wasserwerfer selbst in Gefahr gebracht hätten.

Schon der Antrag genügte nicht den Anforderungen

Das OLG hat den Antrag auf Klageerzwingung nun als unzulässig eingestuft und „eine inhaltliche Prüfung des Tatvorwurfs . . .nicht vorgenommen“. Die Antragsschrift habe in mehreren Punkten nicht den strengen Anforderungen genügt, sagte der Sprecher. Nach der Strafprozessordnung müssen Antragsteller alle maßgeblichen Tatsachen und Beweismittel so umfassend darstellen, dass das Gericht allein auf dieser Grundlage entscheiden kann. Wichtige Punkte seien im konkreten Fall aber „allenfalls fragmentarisch wiedergegeben“ worden, bemängelte das Gericht.

So habe die Antragstellerin weder Häußlers Angaben noch die Urteilsbegründung im Wasserwerferprozess ausreichend referiert. Die Rechtsanwältin Ursula Röder, die den Antrag gestellt hatte, bedauerte die Entscheidung. Für das OLG sei es natürlich einfacher, diesen als unzulässig abzulehnen, statt sich inhaltlich damit zu beschäftigen. Für Röder bleibt das Verhalten Häußlers weiterhin unverständlich. „Ein erfahrener Staatsanwalt, der gerne mal die kleinste Kleinigkeit verfolgt, zum Beispiel durchgestrichene Hakenkreuze, darf sich nicht einfach abwenden, wenn Demonstranten, darunter Kinder und alte Menschen, massivem Wasserwerfereinsatz ausgesetzt werden“, sagte sie der StZ. „Er sieht vor Ort, dass ein Einsatz völlig aus dem Ruder gelaufen ist und unternimmt nichts, er zieht sich auf formale Begründungen und eine Bringschuld der Polizei zurück, anstatt Schlimmeres zu verhindern.“ Das müsse man ihm vorhalten, auch wenn die Sache für ihn juristisch abgeschlossen sei.