Die Bewerbung per Internet setzt sich immer mehr durch. Das Medium verleitet aber zu Fehlern. Deshalb ist besondere Sorgfalt angesagt.

Steffen H. hatte nicht den geringsten Zweifel daran, dass er zum Vorstellungsgespräch eingeladen wurde. Er hatte sein Studium in einem Fach mit glänzenden Berufschancen abgeschlossen. Selbstsicher füllte er Seite für Seite im Bewerberportal seiner Wunschfirma aus. Er verfasste das Anschreiben, fügte Lebenslauf, Lichtbild, Zeugnisse bei und drückte auf den Button 'Absenden'. Damit war es passiert: Außer der automatisch generierten Empfangsbestätigung des Bewerbersystems hörte er nie mehr etwas von der Firma. Den möglichen Grund erfuhr er in einem Blog, in dem Beiträge über eine Studie standen unter dem Titel 'Falsch geschriebene Namen und Adressen sind Todsünde Nummer eins bei der Bewerbung'. Steffen H. loggte sich in das System ein und überprüfte seine Eingaben. Die Personalreferentin bezeichnete er als Herr, und beim Firmennamen hatte er Buchstabendreher.

 

Ab drei Fehlern aussortiert

Mehr als einen Tippfehler darf sich kein Jobkandidat erlauben, sonst landet seine Bewerbung bei rund einem Drittel der Personaler sofort auf dem Ablagestapel. Ab drei Fehlern sortieren bereits fast drei Viertel die Bewerbung aus. Das sind Ergebnisse der Bewerbungsstudie 2010 des Recruiting-Spezialisten für den akademischen Nachwuchs alma mater in Stuttgart. 'Die Ergebnisse sind immer noch gültig', sagt Julia Brauer, Head of Recruiting. Was sich geändert hat, ist die Form der Bewerbung: 2012 hat erstmals eine knappe Mehrheit der Unternehmen eine Bewerbung per Internet dem Papier vorgezogen. Das hat eine Umfrage des Computerverbands Bitkom ergeben, bei der 1500 Personalverantwortliche unterschiedlicher Branchen befragt wurden. Bei den Bewerbungen via Internet gibt es zwei Wege: die Mehrzahl der Firmen verlangt Unterlagen per E-Mail, die anderen setzen auf ihren Websites Online-Formulare ein. Steffen H. machte seine Erfahrungen in einem solchen Bewerberportal. Solche Systeme sind teuer, deshalb betreiben sie meist Konzerne, bei denen sie sich lohnen. Continental ist mit jährlich 70 000 Bewerbungen allein in Deutschland ein Beispiel dafür. 'Und keine davon landet im digitalen Papierkorb', sagt Sehnaz Özden, Leiterin für Personalmarketing und Rekrutierung der Continental AG weltweit. Das Unternehmen nimmt nur digitale Bewerbungen über das Online-Portal an.

Bewerbungen auf Papier und via E-Mail werden zurückgeschickt und um die passende Form gebeten, 'weil wir ohne das System die Masse gar nicht schaffen würden'. Initiativbewerbungen nimmt Continental nicht an. 'Wir wollen transparent sein und schreiben deshalb alle Stellen aus.' Interessenten um einen Job bei Continental können ihre Daten im System eingeben und werden benachrichtigt, wenn eine passende Stelle ausgeschrieben ist, auf die sie sich dann bewerben können. 'Rechtschreib- und Flüchtigkeitsfehler kommen sehr oft vor', sagt Özden, 'aber letztendlich legen wir Wert auf die fachlichen Voraussetzungen.' Absagen wegen Schreibfehlern gibt es bei Continental nicht, 'dann müssten wir der Hälfte absagen'. Wohl aber, wenn für eine Position zehn Jahre Berufserfahrung notwendig sind und Bewerber gerade ihre Ausbildung abgeschlossen haben. 'Auch das kommt sehr oft vor.' Fehlen Unterlagen, so werden sie nachgefordert. Grundsätzlich gibt das Bewerberportal vor, was Continental zur Bewerbung erwartet: Anschreiben, Lebenslauf und Zeugnisse über den Werdegang. Die Möglichkeit der Anlagen ist begrenzt. Bei ausgeschriebenen Positionen, in denen langjährige Berufserfahrung vorausgesetzt wird, sind Praktikumszeugnisse aus der Studentenzeit irrelevant. Nach Angaben von Juliane Brauer von alma mater sollten Zeugnisse nicht auf dem Kopf stehend eingestellt und auch keine Dateien in unterschiedlichen Formaten hinterlegt werden. Genauso nervend für Personaler seien fehlende Referenznummern. 'Insgesamt hat man den Eindruck, dass das schnelle Medium E-Mail zu manchem Schnellschuss beim Versenden verleitet.' Online-Portale, bei denen sich Bewerber registrieren müssen, seien weniger beliebt, aber nicht zu umgehen.

Begehrte Leute machen keine unsinnigen Arbeiten

'Mit Bewerberportalen geht der Schuss nach hinten los', sagt Karriereberaterin Svenja Hofert. 'Begehrte Leute machen keine unsinnigen Arbeiten.' Dass Bewerbungen auf Papier ein Auslaufmodell sind, davon ist sie überzeugt, und für E-Mail-Bewerbungen rät sie zu PDF-Dateien, 'weil die sich nicht ohne weiteres verändern lassen'. Word-Dateien können korrigiert werden. Für Hofert ist eine Power-Point-Bewerbung mit 12 MB ein absolutes K.-o.-Kriterium. 'Kein Personaler macht sich die Mühe, sich durch eine solche Datenflut durchzuklicken.' Sie rät zur kompakten Form einer Bewerbermappe im PDF-Format und nicht zu 20 Einzeldokumenten, erschwerend in unterschiedlichen Formaten. Bei digitalen Bewerbungen erhöht sich ihrer Meinung nach die Fehlerquote, 'weil man auch technische Aspekte berücksichtigen muss'. Noch höher sei die Fehlerwahrscheinlichkeit in Bewerberportalen. 'Die Formblätter füllen Bewerber meist in einem Rutsch aus, bei E-Mail-Bewerbungen schlafen zumindest einige eine Nacht darüber, lesen sie am nächsten Tag noch mal und schicken sie erst dann weg.'