Neues von Opel: Bis zu 80 Kilometer weit fährt der viersitzige Opel Ampera rein elektrisch.

Die chemisch-physikalischen Gesetze sind erbarmungslos: Irgendwann geht jedem noch so innovativen Akku der Saft aus – dann hat es sich ausgestromert. In einem solchen Fall ist erstens die Fahrt zunächst unterbrochen und zweitens hoffentlich eine Steckdose in der Nähe. Bevor es weitergeht, muss das Elektroauto ans Ladekabel – nicht nur für drei Minuten, sondern meist für einige Stunden.
Solche Schreckensszenen soll es hinterm Steuer des neuen Opel Ampera nicht geben. „Niemand muss Angst haben, irgendwo auf halber Strecke liegenzubleiben“, ist Opel-Vorstandschef Karl-Friedrich Stracke von der eingesetzten Technologie zur Reichenweitenverlängerung überzeugt. Vor einem leeren Akku müsse man sich nicht fürchten, weil er jederzeit mit bordeigenen Mitteln nachgeladen werden könne.

 

Der in einem Detroiter GM-Werk gefertigte Ampera, dessen nahen Verwandten Chevrolet unter dem Namen Volt verkauft, ist ein ansehnlich gezeichnetes Elektroauto mit Lithium-Ionen-Akku. Der Energiegehalt (16 kWh) des im Unterboden eingebauten T-förmigen Stromspeichers ermöglicht eine Reichweite bis zu 80 Kilometer. Auf einer ersten Testrunde auf dem platten Land signalisierte die Reichweitenanzeige nach 73,3 besonders behutsam gefahrenen batterie-elektrischen Kilometern einen Wert von verbleibenden weiteren elf Kilometern. In hügeliger Gegend, bei widrigen Temperaturverhältnissen oder nervöserem Gasfuß kann der Aktionsradius jedoch auf 40 Kilometer schrumpfen.

Wo auch immer man mit dem Wagen unterwegs ist: Sobald der Akku leer ist, springt ein 1,4-Liter-Benzinmotor an und liefert frischen Strom. Damit kann der ebenfalls unter der vorderen Haube untergebrachte 111 kW (150 PS) starke Elektromotor die Vorderräder weiterhin antreiben und den Ampera insgesamt über 500 Kilometer weit bewegen. Den Wechsel von vier verschiedenen Betriebszuständen – Fahren mit Batteriestrom und einem Motor oder zwei Motoren sowie mit Generatorstrom und einem Motor oder zwei Motoren – bemerken die Insassen so gut wie gar nicht.
Gewiss, das Interieur mit der an Volvo-Innenräume erinnernden frei schwebenden Mittelkonsole mutet etwas futuristisch an. Hat man sich mit den zahlreichen Knöpfen und Schaltern vertraut gemacht, fährt sich der Rüsselsheimer Elektro-Pionier jedoch kinderleicht. Die Lenkung ist auf die Bedürfnisse deutscher Autofahrer abgestimmt, die Federung weder zu hart noch zu weich. Die auf den ersten 80 Kilometern fehlenden Geräusche eines Verbrennungsmotors sind eine echte Wohltat, das Sirren des Elektromotors ist deutlich leiser als bei anderen E-Mobilen. Kommt man sich überhört vor, hilft ein Knopf am linken Lenkstockhebel: Ein putziges Warnsignal ertönt, und Fußgänger werden höflich, aber bestimmt dazu auffordert, bitte den Weg frei zu machen.

Die Platzverhältnisse auf den hinteren beiden, durch einen voluminösen Mitteltunnel voneinander getrennten Sitzen sind nicht gerade üppig, die Beinfreiheit reicht allerdings für kürzere Strecken aus. Hinten sind die Türen recht kurz geraten, was junge Passagiere noch am wenigsten stören dürfte. Nicht erfreulich: Um den 310 Liter fassenden Kofferraum befüllen zu können, muss eine 84 Zentimeter hohe Ladekante überwunden werden. Anstelle einer gewöhnlichen Abdeckung lässt sich das mitgeführte Gepäck vor neugierigen Blicken lediglich unter einem dünnen Stoff verstecken, der mit Gummiband-Schlaufen an den vier Ecken befestigt ist. Trotz der an dieser Stelle und anderswo eingesparten Gramm liegt die Zuladung des Ampera bei bescheidenen 268 Kilogramm.
Über die Umweltverträglichkeit eines Elektroautos und die CO2-Bilanz im Fahrbetrieb entscheidet nicht zuletzt die Herkunft des Stroms, mit dem der Akku geladen wird. Aus diesem Grund empfiehlt Opel allen Ampera-Käufern den Vertragsabschluss mit einem Ökostrom-Anbieter. Neben dem Angebot eines zwischen drei und fünf Prozent vergünstigten Tarifs sollen die über 30 ausgewählten Stromunternehmen auch die Ladevoraussetzungen in den heimischen vier Wänden des Ampera-Fahrers überprüfen. GM plant 2012 die Produktion von 45000 Exemplaren von Volt und Ampera. Aus Rüsselsheim ist zu hören, dass man davon in Europa rund 10000 Exemplare mit dem Opel-Blitz auf dem Kühlergrill absetzen möchte. Die Auslieferung beginnt Ende November.