Verwaltungen zeigen Transparenz: Sie legen Teile ihres gespeicherten Wissens offen. Die Bewegung nennt sich "Open Data".  

Stuttgart - Baden-Württemberg hat, wie fünf weitere Bundesländer, kein eigenes Informationsfreiheitsgesetz. Doch das soll sich ändern. Im Koalitionsvertrag der grün-roten Landesregierung heißt es: "Wir werden unser Regierungshandeln daran orientieren, die zugrunde liegenden Daten und Dokumente weitestmöglich öffentlich zugänglich zu machen. Hier orientieren wir uns am Grundsatz ,Open Data'."

 

Mit Open Data werden weltweit verschiedene Ziele verbunden: Die Offenlegung der Verwaltungsdaten soll die Transparenz und Rechenschaftspflicht der Regierenden und die Effizienz des Verwaltungshandelns stärken. Über die Entwicklung neuer Dienste sollen Innovation und Wirtschaftswachstum stimuliert werden. Auch soll die Teilhabe der Bürger mittels besserer Information gefördert und damit die Demokratie gestärkt werden.

Obstbäume, die der Allgemeinheit gehören

Unter Open Data werden die Verwaltungsdaten verstanden, die keine personenbezogenen und auch keine geheimen Informationen, Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse enthalten. Ein Gutachten der Zeppelin-Universität für die Deutsche Telekom zur T-City Friedrichshafen stellte jetzt fest, dass es bereits viele frei verfügbare Datensätze gibt. Dazu zählen beispielsweise die Abstimmungen im Landtag und Gesetzestexte, Landesstatistiken, Daten zu Polizeifahndungen und zur Verkehrslage sowie Daten zu Wetter und Erdbeben. Die Stadt Friedrichshafen will in diesem Jahr die ersten Open-Data-Vorhaben angehen; die Zeppelin-Universität lädt für den Herbst zu einem lokalen Open-Data-Hack-Day in Friedrichshafen ein.

Aktiv in Sachen Open Data sind bereits die Städte Berlin und München. Sie haben Open-Data-Wettbewerbe durchgeführt, in denen Entwickler aufgerufen waren, die städtischen Daten in interessante mobile Anwendungen zu verwandeln. So entstand beispielsweise für München ein "U-Bahn Locator", der zu jeder Zeit zeigt, wo sich die U-Bahnen gerade befinden - eine ähnliche Anwendung war bereits im letzten Jahr bei einem Event in London entstanden. Ein Team der Hochschule München entwickelte eine Art Touristenführer, den "München POI (Point of Interest) Finder". Die Anwendung für Android-Handys zeigt, wo die nächste Bibliothek, der nächste Spielplatz, Taxistand, Wertstoffhof oder die nächste Toilette ist. Die Stadt will eine Entwickler-Community aufbauen, die sich um "digitale Bürgerbeteiligung" kümmert und neue Ideen umsetzt.

Auf dem Berliner Open-Data-Day wurde kürzlich eine kleine Werkschau der Open-Data-Szene gezeigt: So gibt es eine iPhone-App namens "Wheelmap", die zeigt, welche Orte in Berlin rollstuhlgerecht sind. Die Berliner "Tageszeitung" hat eine Fluglärmkarte für den Flughafen Berlin entwickelt, der den aktuellen Kompromissvorschlag der Fluglärmkommission visualisiert; entschieden wird darüber erst in einigen Monaten. Die Website Mundraub.org zeigt deutschlandweit Obstbäume, die der Allgemeinheit gehören und deren Früchte jeder pflücken darf.

Open-Data-Angebote auf einer zentralen Website

Auf Bundesebene ist das Thema auch angekommen, doch die Umsetzung wird noch warten müssen. Bis 2013 will das Bundesinnenministerium die Open-Data-Angebote von Bund, Ländern und Gemeinden auf einer zentralen Website bündeln. Schon jetzt gibt es Daten auf der Website des Statistischen Bundesamts und auf dem Geoportal des Bundes, die unter bestimmten Bedingungen für andere Anwendungen verwendet werden können.

Open Data lohnt sich auch aus wirtschaftlicher Sicht: Die Weltbankökonomin Roumeen Islam zeigte in einer Analyse, dass mehr Transparenz und ein besserer Informationszugang das Regierungshandeln positiv beeinflussen. Eine bessere Regierungsführung wiederum geht nachgewiesenermaßen mit einem höheren Wirtschaftswachstum einher. Roumeen Islam hat damit gezeigt, dass bessere Informationsflüsse höhere Wachstumsraten nach sich ziehen. Für Grün-Rot im Ländle dürfte das eine gute Nachricht sein.