Was tun mit der Anti-Islam-Bewegung „Pegida“, der sich jede Woche mehr Menschen anschließen? Auf die Sorgen eingehen und mit den Leuten reden, sei das richtige Rezept, meinen Unions-Politiker. Die Opposition hält das für gefährlich.

Berlin - Nach der bisher größten Demonstration der umstrittenen Anti-Islam-Bewegung „Pegida“ haben Oppositionspolitiker die nachsichtige Haltung von Teilen der Union kritisiert. Mehrere Politiker von CDU und CSU warben am Dienstag für einen Dialog mit den Demonstranten, die sich gegen eine vermeintliche „Islamisierung des Abendlandes“ wenden. Die Sorgen der Bürger müsse die Politik ernst nehmen, mahnten sie. Linke und Grüne kritisierten das scharf und riefen die Union auf, sich klar von dem Bündnis zu distanzieren. Am Montagabend waren in Dresden rund 15 000 „Pegida“-Anhänger auf die Straße gegangen - so viele wie nie zuvor.

 

Die Gruppe organisiert seit einigen Wochen Demonstrationen und setzt sich für eine strengere Asylpolitik und gegen die vermeintliche Islamisierung der Gesellschaft ein. „Pegida“ steht für „Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“.

Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) rief dazu auf, die Rechtspopulisten mit Argumenten zu entlarven. Es sei „armselig und peinlich“, Demonstrationen gegen Flüchtlinge mit den Werten des christlichen Abendlandes zu begründen. Er habe „kein Verständnis für die Verführer“, aber auch jene, die sich zu einfach verführen ließen.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) betonte: „Es gibt keine wirkliche Gefahr der Islamisierung unseres Landes.“ Er warb aber erneut dafür, die Sorgen der Menschen ernst zu nehmen. Angesichts der wachsenden Zahl von Flüchtlingen sei es legitim, Fragen zu stellen.

Unions-Innenexperte Stephan Mayer (CSU) forderte im Deutschlandfunk, die Politik müsse der Angst vor einer überbordenden Zuwanderung „mit offenem Ohr“ begegnen. Unions-Fraktionsvize Thomas Strobl (CDU) sagte, eine Demonstration mit 15 000 Teilnehmern lasse sich nicht mit Vereinfachungen und Klischees beiseite wischen. Am Montag hatte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) klar gestellt, in Deutschland gelte zwar Demonstrationsfreiheit. „Aber es ist kein Platz für Hetze und Verleumdung von Menschen, die aus anderen Ländern zu uns kommen.“

Grünen-Chef Cem Özdemir rief in der ARD die Union auf, sich klar von „Pegida“ zu distanzieren und der Gruppe nicht nach dem Mund zu reden. Die Linke-Innenexpertin Ulla Jelpke klagte, es sei erschreckend, „dass führende Unions-Politiker der Wut der ‚Pegida’-Demonstranten mit Verständnis begegnen wollen, anstatt eine klare Haltelinie zu ziehen“.

Auch in Sachsen diskutieren die Parteien über einen angemessenen Umgang. Die AfD im sächsischen Landtag lud die „Pegida“-Führung für Januar zu einem Gespräch ein. Sachsens Regierung sowie CDU, SPD und Linke im Landtag signalisierten Bereitschaft, mit „Pegida“-Vertretern ins Gespräch zu kommen. Für die Grünen in Sachsen ist die Bewegung dagegen kein Dialogpartner.

Die Alternative für Deutschland (AfD) zog die jüngste Geiselnahme von Sydney als Rechtfertigung für die „Pegida“-Demonstrationen heran. Konrad Adam, der dem Führungsgremium der Partei angehört, sagte, trotz strikter Einwanderungsregeln sei es einem fanatischen Islamisten gelungen, nach Australien zu gelangen. In Sydney hatte am Montag ein gebürtiger Iraner 17 Menschen in einem Café als Geiseln genommen. Am Ende kamen der Täter und zwei Geiseln ums Leben.

SPD-Vize Ralf Stegner nannte Adams Sydney-Vergleich eine „ungeheuerliche Entgleisung“. Linke-Chef Bernd Riexinger warf Adam in der Online-Ausgabe des „Handelsblattes“ „verbale Brandstiftung“ vor.