Wer einmal erlebt hat, wie er mit der Staatskapelle Berlin, die ihn vor zwölf Jahren zum Chefdirigenten auf Lebenszeit gewählt hat, beispielsweise Wagners „Parsifal“ aufführt, der versteht, was gemeint ist. Barenboim, wie meistens im Kellnerfrack und mit offenem Hemdkragen, schwimmt quasi im Orchester, mit dem Konzertmeister Wolf-Dieter Batzdorf herrscht eine drahtlose Dauerverbindung, der Geiger moduliert die Impulse des Dirigenten, entschlüsselt sie für die Musikerkollegen, wenn es mal nötig ist. Die Kapelle reagiert auf Barenboim, als wäre sie ein Körper, ohne dass die Musiker ihre Individualität verloren haben. So entstehen Klangbögen, Farbmischungen und ein Auf-die-Bühne-Hinaufspielen, wie es heute selten geworden ist.

 

Wilhelm Furtwängler ist Barenboims Vorbild

Barenboim, das ehemalige Wunderkind, kann alles, ist aber kein Alleskönner. Sein einziger Klavierlehrer ist sein Vater gewesen, alles andere lernte er durch offene Augen und Ohren, das Dirigieren in einigen Meisterkursen, etwa bei Igor Markewitsch. Bis heute ist Barenboims Vorbild Wilhelm Furtwängler, dem er als Elfjähriger kurz vor dessen Tod 1954 vorspielte. Furtwängler erkannte das „Phänomen“ des Jungen sofort, lud ihn zu Konzerten mit den Berliner Philharmonikern ein, wozu es nicht mehr kam. Von dem Deutschen hat der Dirigent Barenboim – er debütierte am Pult 1962 – das Denken in Bögen übernommen, Legato und Sostenuto stehen oft im Vordergrund artikulatorischer Gestaltung.

Was bei Wagner aufgeht, funktioniert bei Beethoven-Sinfonien nur bedingt. Da bekommen Barenboims Aufführungen etwas von der Art: der Onkel erzählt was von den guten alten Zeiten. Man verzeiht es dem universellen Musiker, der Millionen von Noten gespeichert hat. Beethovens 32 Klaviersonaten, Bachs „Wohltemperiertes Klavier“, Mozarts Konzerte, Sonaten und Opern, Chopin, Schumann, Schubert, Brahms, Verdi, Wagner, wer zählt die Komponisten und Werke – alles auswendig, jederzeit abrufbereit. Dazu die vielen zeitgenössischen Partituren, die Barenboim – früher noch öfters – aufführt: Carter, Boulez, Takemitsu, Henze, Dutilleux.

Grenzen akzeptiert der Musiker nicht

Mit den jährlichen Projektphasen des West-Eastern Divan Orchestra wäre jeder andere ausgelastet – nicht Daniel Barenboim. In dem Leben dieses kleinen großen Mannes, der am Donnerstag siebzig wird, scheinen sieben und mehr Leben vereint zu sein. Warum auch soll er rasten, wenn so viel Musik in ihm steckt? Barenboims Geheimnisse sind Geduld und Hartnäckigkeit. Die faszinierende Energie, die scheinbare Ruhelosigkeit irritieren seine Kritiker – vor Barenboims Konzentrationsfähigkeit müssen auch sie die Mäkelwaffen strecken.

Der universelle Musiker

Wer einmal erlebt hat, wie er mit der Staatskapelle Berlin, die ihn vor zwölf Jahren zum Chefdirigenten auf Lebenszeit gewählt hat, beispielsweise Wagners „Parsifal“ aufführt, der versteht, was gemeint ist. Barenboim, wie meistens im Kellnerfrack und mit offenem Hemdkragen, schwimmt quasi im Orchester, mit dem Konzertmeister Wolf-Dieter Batzdorf herrscht eine drahtlose Dauerverbindung, der Geiger moduliert die Impulse des Dirigenten, entschlüsselt sie für die Musikerkollegen, wenn es mal nötig ist. Die Kapelle reagiert auf Barenboim, als wäre sie ein Körper, ohne dass die Musiker ihre Individualität verloren haben. So entstehen Klangbögen, Farbmischungen und ein Auf-die-Bühne-Hinaufspielen, wie es heute selten geworden ist.

Wilhelm Furtwängler ist Barenboims Vorbild

Barenboim, das ehemalige Wunderkind, kann alles, ist aber kein Alleskönner. Sein einziger Klavierlehrer ist sein Vater gewesen, alles andere lernte er durch offene Augen und Ohren, das Dirigieren in einigen Meisterkursen, etwa bei Igor Markewitsch. Bis heute ist Barenboims Vorbild Wilhelm Furtwängler, dem er als Elfjähriger kurz vor dessen Tod 1954 vorspielte. Furtwängler erkannte das „Phänomen“ des Jungen sofort, lud ihn zu Konzerten mit den Berliner Philharmonikern ein, wozu es nicht mehr kam. Von dem Deutschen hat der Dirigent Barenboim – er debütierte am Pult 1962 – das Denken in Bögen übernommen, Legato und Sostenuto stehen oft im Vordergrund artikulatorischer Gestaltung.

Was bei Wagner aufgeht, funktioniert bei Beethoven-Sinfonien nur bedingt. Da bekommen Barenboims Aufführungen etwas von der Art: der Onkel erzählt was von den guten alten Zeiten. Man verzeiht es dem universellen Musiker, der Millionen von Noten gespeichert hat. Beethovens 32 Klaviersonaten, Bachs „Wohltemperiertes Klavier“, Mozarts Konzerte, Sonaten und Opern, Chopin, Schumann, Schubert, Brahms, Verdi, Wagner, wer zählt die Komponisten und Werke – alles auswendig, jederzeit abrufbereit. Dazu die vielen zeitgenössischen Partituren, die Barenboim – früher noch öfters – aufführt: Carter, Boulez, Takemitsu, Henze, Dutilleux.

Grenzen akzeptiert der Musiker nicht

Als Musiker ist Barenboim ebenso ein Phänomen wie als öffentliche Figur: er akzeptiert keine Grenzen. Als Friedensbotschafter hat ihm das massenhaft Preise und Ehrungen eingebracht, der Musiker gerät manchmal ins Niemandsland. Sein Neujahrskonzert mit den Wiener Philharmonikern 2009: da fehlte der Beiselschmäh; die Klaviersolowerke von Chopin, Schubert und Beethoven knarzen mittlerweile unter dem pauschalen (und oft danebengehenden) Zugriff des Kapellmeisterpianisten. Zu Mahler, dem Zerrissenen, kam Barenboim spät, das Verhältnis bleibt problematisch. Die positivistische Siebte gelingt ihm am besten.

Daniel Barenboim würde sicher widersprechen, vor allem aber sagen: es gibt immer wieder eine Chance, Musik verklingt, aber sie wird jeden Tag neu geboren. In seinem Buch: „Musik – Mein Leben“ heißt es: „Keine musikalische Aufführung stellt das Ende eines Weges dar: Sie ist immer der Anfang eines neuen Weges.“ Und so wird er von Neuem beginnen.