Stattdessen gilt Südafrika als Umschlagort für Menschenhandel. Der jüngste Menschenhandelindex der Online-Datenbank LexisNexis zeigt, dass der Organhandel Besorgnis erregend ansteigt: Allein 2011 und 2012 seien 90 illegal nach oder aus Südafrika geschleuste Kinder und Erwachsene Opfer von Organdieben geworden. „Spätestens vor vier Jahren hätte unsere Regierung aufwachen und für eine Änderung der Gesetzgebung sorgen müssen“, sagt die Juristin Magda Slabbert. 2010 flogen fünf südafrikanische Ärzte des privaten St.-Augustine-Krankenhauses in Durban auf. Sie hatten 109 illegale Nierentransplantationen durchgeführt. Zugeliefert wurden die Nieren von einem pensionierten israelischen Polizisten, der die Organe in Brasiliens Slums und in Rumänien akquirierte. Patienten aus Israel wurden nach Durban geflogen und erhielten für rund 20 000 US-Dollar eine neue Niere. Die „Spender“ hingegen erhielten weniger als ein Drittel des Geldes. „Durban war kein Einzelfall“, meint Slabbert. Andere Kliniken hätten ähnlich gehandelt, seien aber nie angezeigt worden. In Südafrika sind Organspenden von Familienmitgliedern oder Freunden erlaubt. Gestattet ist auch, dass der Empfänger die medizinischen Kosten übernimmt. Im Fall von Durban hatten die vermeintlichen Spender und die Organempfänger schlicht behauptet, verwandt zu sein, und keiner hatte das kontrolliert.

 

„Diejenigen, die Organe dringend zum Überleben brauchen, sind so verzweifelt, dass man verstehen kann, dass sie illegale Weg beschreiten“, meint Slabbert. Sie schlägt vor, eine Bezahlung des Spenders gesetzlich zu erlauben: „Die Höhe des Betrags könnte, ähnlich wie in Singapur, durch ein unabhängiges Ethikkomitee individuell und je nach persönlicher Situation der Beteiligten festgelegt werden.“Auch in Indien ist der kommerzielle Handel mit Organen illegal. Doch viele Transplantationen bewegen sich im Graubereich. Tatsächlich gilt das Land als einer der großen Schwarzmärkte für menschliche Ersatzteile, insbesondere Nieren. Vor allem die völlig überfüllten Slums der Metropolen liefern ständig Nachschub an „Lebendspendern“. Von Freiwilligkeit mag man dabei jedoch kaum reden. So bitterarm und verzweifelt sind viele Inder, dass sie keinen anderen Ausweg sehen, als Organe zu verkaufen, um ihre Schulden oder die Mitgift für die Hochzeit zu bezahlen. Umgerechnet 500 bis 1800 Euro soll es laut Berichten für eine Niere geben. In manchen Slums oder Dörfern gibt es kaum eine Familie, in der nicht ein Angehöriger eine Niere abgegeben hat. Die Spender sind meist junge Frauen und Männer, die Empfänger dagegen häufig reiche, alte Männer, oft aus dem Ausland. Eine medizinische Nachsorge bekommen die wenigsten Spender. Viele bleiben geschwächt, andere sterben an den Folgen wie Infektionen.

In Indien rauben skrupellose Händlerringe Opfer aus

Vorstellen muss man sich den indischen Organhandel wie einen Basar. Gegen ausreichend Geld lässt sich fast alles kaufen – nicht nur Nieren, Augen oder Haut von Lebendspendern, auch Organe von Toten. Weil der Markt riesige Profite verspricht, schrecken einige Organhändler sogar vor Mord nicht zurück. Zehntausende Inder, viele davon noch Kinder, verschwinden jedes Jahr spurlos. Kriminologen vermuten, dass ein Teil von ihnen in den Händen skrupelloser und brutaler Händlerringe landet, welche die Verschleppten töten und ausrauben. Und dank fetter Schmiergelder und laxer Kontrollen blüht das blutige Geschäft. Im Internet werben indische Kliniken offen mit Rundumpaketen für Nierentransplantationen. Das zieht auch viele Patienten aus dem Westen an.