Wenn ein Patient ein neues Organ braucht, müssen klare medizinische Voraussetzungen erfüllt sein. Auch auf der juristischen Ebene bedarf es klarer Regeln. Das Transplantationsgesetz schreibt sie fest.

Stuttgart - Die Kriterien sind eindeutig: „Die Zuteilung von Organen basiert ausschließlich auf medizinischen und ethischen Gesichtspunkten“, heißt es auf der Internetseite von Eurotransplant. Diese Stiftung versteht sich als Service-Organisation für die Verteilung von Spenderorganen in sieben europäischen Ländern. Finanzielle Gründe dürfen mithin keine Rolle spielen. Das hört sich selbstverständlich an; doch angesichts des eklatanten Mangels an Spenderorganen und der akuten Lebensbedrohung etwa beim Versagen von Herz und Leber ist die Versuchung groß, die Entscheidung für die Zuteilung eines Organs beeinflussen zu wollen.

 

Auch das in Deutschland geltende Transplantationsgesetz will solchen Verlockungen einen Riegel vorschieben. Im Gesetz heißt es dazu: „Die Transplantationszentren sind verpflichtet, über die Aufnahme in die Warteliste nach Regeln zu entscheiden, die dem Stand der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft entsprechen, insbesondere nach Notwendigkeit und Erfolgsaussicht einer Organübertragung.“ Dazu zählt eine möglichst gute Übereinstimmung von Blutgruppe und Gewebe bei Spender und Empfänger.

Die medizinischen Richtlinien legt die Bundesärztekammer fest

Um dem ausdrücklich verbotenen Organhandel vorzubeugen, ist die Organübertragung nur zulässig, wenn die Organe durch eine Vermittlungsstelle unter strikter Beachtung der Erfolgsaussichten und der Dringlichkeit an geeignete Patienten vermittelt worden sind. Diese Stellen werden von den Krankenkassen, der Bundesärztekammer und den Krankenhäusern errichtet oder beauftragt. Die medizinischen Richtlinien wiederum legt die Bundesärztekammer fest. Im Gesetz ist ferner geregelt, dass die Wartelisten der Transplantationszentren als eine „einheitliche Warteliste“ zu behandeln sind und dass die Entscheidung für eine bestimmte Vermittlung in jedem Einzelfall unter Angabe der Gründe genau zu dokumentieren ist. Diese Entscheidungen werden regelmäßig von einer Kommission überprüft.

Laut Eurotransplant gelten bei der Zuteilung vier Prinzipien: der zu erwartende Erfolg nach der Transplantation – wozu auch der Grad der Gewebeübereinstimmung von Spender und Empfänger zählt –, die Dringlichkeit, die Wartezeit und die nationale Organaustauschbilanz. Die Dringlichkeit wird dabei nach Angaben von Eurotransplant von „Experten festgelegt“. An diesem Punkt wurde offensichtlich im Göttinger Transplantationsskandal manipuliert. So nutzen die ganzen Richtlinien nichts, wenn Ärzte in einem Transplantationszentrum die Patientendaten so fälschen, dass die Dringlichkeit erhöht wird und der Patient mithin auf der Warteliste nach oben rückt.

Jeder Bürger kann selbst entscheiden

Der Skandal könnte sich negativ auf die ohnehin wenig ausgeprägte Bereitschaft der Deutschen auswirken, ihre Organe nach dem Tod an lebensbedrohlich erkrankte Patienten zu spenden. Derzeit kommen auf eine Million Einwohner nur knapp 15 Organspender, womit Deutschland international im unteren Drittel liegt. Laut Eurotransplant stehen auf der zentralen europäischen Warteliste derzeit rund 16 000 Patienten. Vermittelt werden etwa 7000 Spenderorgane im Jahr. Diesen Missstand zu ändern, wurde das Transplantationsgesetz im Frühjahr geändert. Demnach soll jeder Bundesbürger mindestens einmal im Leben nach seiner Bereitschaft zur Organspende gefragt werden. Die Krankenkassen werden verpflichtet, allen Versicherten über 16 Jahre Informationsmaterial und einen Spenderausweis zuzusenden. Die Entscheidung, ob man Spender werden möchte, bleibt aber weiterhin jedem Bundesbürger selbst überlassen.