Der Einbahnstraßenring in der Plieninger Ortsmitte war jahrelang heftig umstritten – und bleibt es nach wie vor. Die Bürger und Einzelhändler können sich mit der neuen Verkehrsführung offenbar nur schwer anfreunden.

Böblingen: Marc Schieferecke (eck)

Plieningen - Der verbale Vergleich mit dem Jahrhundertprojekt mag die lokale Bedeutung verdeutlichen: Plieningen 21 tauften die Bezirksbeiräte einst das Vorhaben, den Ortskern mit einem Straßenring zu umschließen, auf dem der Verkehr nur noch in Einbahnrichtung fließt. Die Idee wurde etliche Jahre diskutiert, verändert, verworfen, wiederbelebt, erprobt und durchgerechnet, in Statistiken und Plänen niedergeschrieben und am Ende vom Gemeinderat beschlossen, obwohl noch keinerlei Details festgezurrt waren.

 

Die Kosten schossen in die Höhe

Der erste Plan für den Umbau des Ortskerns entstand im Jahr 1989. Volle 16 Jahre später titelte diese Zeitung: „Plieningens Verschönerung muss warten“. Die Schlagzeile hätte sich wiederverwenden lassen. Noch wenige Monate vor dem Baubeginn überbrachten die Planer schlechte Nachrichten. Ein maroder Untergrund, der zudem mit Teer verseucht war, trieb die Kosten in die Höhe. Zum Ausgleich wurde an der Optik gespart.

Über die nörgelt heute niemand. „Mein Eindruck ist, dass der Umbau sich bewährt hat“, sagt die stellvertretende Bezirksvorsteherin Stephanie Reinhold, „die Aufenthaltsqualität hat sich deutlich verbessert“. Daran herrscht kein Zweifel, wohl aber daran, ob die Verkehrsführung gelungen ist. „Ein- bis zweimal wöchentlich haben wir Stau“, sagt Folker Baur. Der Multifunktionär im Ort sieht durch das Schaufenster seines Sportgeschäfts, ob die Autos auf der Filderhauptstraße rollen oder stehen. Zudem würden wegen der niedrigen Bordsteine die Gehsteige zugeparkt.

Kritik an der Vielzahl der Ampeln

„Wir wollten immer, dass die Ampeln nur auf Anforderung der Fußgänger auf Rot schalten“, sagt Baur. Mit dem Wir meint er die Gewerbetreibenden. Die sind mit dieser Meinung keineswegs allein. Zum Verkehrsfluss „gibt es nach wie vor heftige Diskussionen im Bezirksbeirat“, sagt Gerd Hütter, der für die Gemeinschaft SÖS-Linke-Plus im Gremium sitzt. Er gehört zu denjenigen, die schon vor zehn Jahren den Umbau mitdiskutierten. Insbesondere zweifeln die Kritiker, ob die Vielzahl der Ampeln nötig war. Auch diese Zweifel sind keineswegs neu. Einst hielten die Lokalpolitiker Zebrastreifen für sinnvoller, ließen sich aber von der Stadt erklären, dass die an dieser Stelle gesetzlich verboten seien.

„Eine Flaniermeile mit Wohlfühlcharakter“ hatten Mitte des vergangenen Jahrzehnts die Grünen im Gemeinderat zum Ziel erklärt. Sie hatten immer wieder versucht, die Pläne voranzubringen. Die Verkehrsplaner der Stadt erklärten von Anfang an, dass nach dem Umbau Tempo 50 im Ort Vergangenheit sein werde, außerdem, dass die Zahl der Fahrten wegen des Ringverkehrs steigen wird, nicht sinken. Aber mit Gegenverkehr wäre es schlicht unmöglich gewesen, die schmalen Steige für die Fußgänger zu verbreitern.

Als die autogerechte Stadt noch alles war

Ungeachtet allen Zwists wäre die Alternative zum Umbau der Untergang gewesen. Das ergab jedenfalls eine Studie im Auftrag der Stadt. Das Zentrum des Filderfleckens war von den Zeiten der autogerechten Stadt bestimmt. Sollten die Fehler dieser Vergangenheit nicht korrigiert werden, werde ein Niedergang beginnen und kaum mehr aufzuhalten sein. So schlossen es die Gutachter vor elf Jahren.

Zwar hat Plieningen in diesem Sinne aufgeholt, aber zur vollständigen Verwirklichung von Plieningen 21 stehen zwei Großvorhaben aus. Im Zuge aller Diskussionen um den Einbahnring ist das Schließen zweier Einfallstore für den Schleichverkehr zum Ziel erklärt worden: der Scharnhauser und der Neuhauser Straße. Zumindest Letztere wird aber erst in ferner Zukunft gekappt werden können. Voraussetzung dafür ist, dass die Trasse für Stuttgart 21 fertig gebaut wird.