Ehrenpräsident Gerhard Mayer-Vorfelder wird 80. Der VfB überlegt sich noch, wie er das feiern will. Sicher ist nur: Marylin Monroe singt nicht.

Stuttgart - Wir Schwaben sind unerträgliche Bruddler, aber nur aus Notwehr, denn leider halten andere Volksstämme nicht immer Schritt mit unserer herzensguten Art – beispielsweise sind wir in puncto Höflichkeit einfach pingeliger als, sagen wir mal, Berliner. Dazu passt die Geschichte vom rechtschaffenen Bauern von der Alb, der dem Taxifahrer am Alexanderplatz ein dickes Trinkgeld gibt – und der Schnösel steckt es wortlos ein.

 

„Said mor bei euch net Danke?“, fragt der Schwob.

„Det is untaschiedlich“, erklärt ihm darauf der Berliner, „manche saren et, manche saren et nich.“

Und schon sind wir mitten im heiklen Thema. Denn tagelang ist zuletzt gemunkelt worden, der VfB-Präsident Gerd Mäuser, ein gebürtiger Berliner, sei in Sachen Dankbarkeit gegenüber einem seiner Ehrenpräsidenten zu zaghaft. Gemeint ist Gerhard Mayer-Vorfelder. Der gilt vielen zwar als Badenser, was er aber glatt ablehnt („Man sagt ja auch nicht Heilbronser“) – jedenfalls ist er fußballerisch betrachtet ein Schwabe und so mit VfB-Verdiensten behängt, dass ihm zum 80. bei Lichte betrachtet ein rauschendes Fest zusteht.

Keine Geburtstagssause für MV geplant?

Der runde Geburtstag ist am 3. März, und der Deutsche Fußball-Bund, dessen Präsident der Jubilar gleichfalls war, lässt sich nicht lumpen – rechtzeitig wurde da ein angemessener Empfang anberaumt.

Aber was macht der VfB?

Der ARD-Filmemacher Michael Dittrich, der zurzeit für den Südwestrundfunk ein halbstündiges Mayer-Vorfelder-Porträt („Ein Baden-Württemberger“) dreht, wollte das früh wissen. Ende November fragte er den VfB mittels Mail: „Welche Feierlichkeiten plant ihr zu seinem 80. Geburtstag?“ Er erhielt keine Antwort. Im Januar hakte er telefonisch nach und bekam von der VfB-Medienabteilung die Auskunft, „über die VfB-Publikationen hinaus sei nichts geplant“. Im Stadionblatt, im VfB-TV, im Internet und in weiter gehenden Hausmitteilungen sollte der Jubilar gewürdigt werden, relativ überschaubar also – „das ist“, pfiffen bestätigend auch noch die hellhörigen Spatzen vom Cannstatter Clubdach, „beschlossene Sache“.

Konnte das sein? Der große MV, so unrund abgefeiert, ohne den Klang wohlwollender Worte und klirrender Gläser, ein Vereinsheld wie er? Als luftleeres Nichts hat er den VfB 75 übernommen, wieder in den Aufstieg dirigiert sowie zu zwei Meistertiteln (1984 und 1992), einem Pokalsieg (1997) und zwei Endspielteilnahmen im Europacup (1989 und 1998). „Für diese Zeit“, sagt MV über sein vorzeigbares VfB-Vierteljahrhundert, „muss ich mich nicht schämen.“

Fallen runde Geburtstagsfeiern der Sparsamkeit zum Opfer?

So lang und so sehenswert hat den VfB jedenfalls nur noch Dr. Fritz Walter regiert, für den Sportsfreund B. eine Schwäche hat, denn vor seinen zwei Meisterschaften und Pokalsiegen in den 50ern war er bereits herausragend als Klassenlehrer von Vater B. – mit seinem Autogramm krönte der Studienrat Dr. Walter im Zeugnisheft von 1938 der Gottlieb-Daimler-Schule in Cannstatt die alles entscheidende Stelle („Wird versetzt“) und kam zum Gesamturteil: „Oskar ist in den Leibesübungen befriedigend. Seine Leistungen in den übrigen Fächern sind . . . (an dieser Stelle macht der Kolumnist von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch). Seine Gewissenhaftigkeit ist zu loben.“

Umso mehr wurde nun zuletzt die lobenswerte Gewissenhaftigkeit des VfB-Präsidenten Mäuser bei der Behandlung des Achtzigsten von MV hinterfragt, und man war schon fast versucht, oberlehrerhaft den Zeigefinger zu zücken: Setzen, sechs. Der unverhohlene Vorwurf des mangelnden Bemühens stand im Raum, flankiert von Schimpfworten wie kleinkariert und der Frage: Warum? Drohen inzwischen schon runde Geburtstagsfeiern der Sparsamkeit zum Opfer zu fallen? Andere Mutmaßungen gingen in Richtung eines Interviews, in dem Mayer-Vorfelder einmal über Mäuser meinte: „Als Fußball-Fachmann hat er sich meines Wissens bisher nicht profiliert.“

Der VfB will seinen Ehrenpräsidenten angemessen würdigen

Zur Klärung der Dinge haben wir nun beim VfB angerufen, und Mediendirektor Marcus Jung hat noch einmal nachdrücklich untermauert, dass „die Publikationen des Vereins voll genutzt werden“. Von der Planung einer Feier darüber hinaus war ihm nichts bekannt, „da kann ich aktuell nichts sagen, das entzieht sich meiner Kenntnis“. Umso erlösender war nach seiner Rücksprache mit dem Präsidenten dann aber die Nachricht, die plötzlich kam: „Neben den bereits beschriebenen Maßnahmen auf allen vereinseigenen Clubmedien wird der VfB Stuttgart auch darüber hinaus seinen Ehrenpräsidenten angemessen würdigen. Wir bitten allerdings um Verständnis, dass wir zum jetzigen Zeitpunkt keine Details bekanntgeben wollen.“

Das klingt geheimnisvoll, ja verträgt kaum das Schnaufen, und der eine oder andere fühlt sich sogar schon erinnert an die Geburtstagsfeier von John F. Kennedy anno 1962 im Madison Square Garden in New York, als Marilyn Monroe plötzlich als Überraschungsgast in einem hautfarbenen Kleid „Happy Birthday, Mr. President“ sang. Aber so weit muss es bei MV gar nicht gehen: Hauptsache, es ist jetzt der voreilige Verdacht aus der Welt geschafft, dass die Berliner nicht anständig Danke sagen.

Manche saren et.