Der Superbowl im American Football am Sonntag kann die US-Präsidentenwahl entscheiden – denn Politiker suchen die Nähe der Quarterbacks, schreibt unser Kolumnist Oskar Beck.

Stuttgart - Donald Trump ist der lauteste Trompeter beim Kampf ums Weiße Haus, und jetzt hat er auch noch auf die Pauke gehauen mit seinem Wunsch für das Superbowlfinale am Sonntag im American Football. „Ich bin für die Leute, die ich kenne“, verriet der Republikaner dem CBS-Mikrofon, „und ich kenne Peyton Manning – er ist ein großartiger Junge.“

 

Manning ist der Quarterback der Denver Broncos, aber vor allem ein amerikanischer Held seit bald zwanzig Jahren, sein Wurfarm ist gewaltig, die Nation nennt ihn „Sheriff“ – und Trumps Rechnung mit dem Koloss ist kolossal einfach: Manning wird in dieser großen Footballnacht wieder zur Lichtgestalt, lobt anschließend mich – und der nächste US-Präsident heißt Donald Trump.

Die Rechnung hat nur einen Haken: Manning mag die Bushs.

Für den Wahlkampf von Jeb Bush, einem der Rivalen Trumps, hat der Footballstar jetzt Geld gespendet wie früher schon für George W., Jebs großen Bruder und letzten Bush-Präsidenten. Bis hierher wird also schon einmal klar: wer US-Präsident werden will, sucht den göttlichen Beistand der höchsten Instanz Amerikas – dem König der Quarterbacks.

Aber siegt Manning überhaupt?

Manning golft mit Trump

Im März wird er 40 Jahre alt, und viele glauben eher, dass der Quarterback auf der anderen Seite nicht nur viel jünger, sondern mittlerweile auch besser ist: Cam Newton von den Carolina Panthers. Er bringt auf jeden Fall mehr Farbe ins Spiel, denn er ist Afroamerikaner – hat aber mit Trump noch nie das getan, was Manning neulich gestanden hat: „Wir haben schon Golf miteinander gespielt.“

Mit einem prominenten Quarterback zu golfen, ist für einen US-Politiker besser als die beste Politik, und ein besseres Vorbild als Manning gibt es nicht. „What a man!“ rufen die Amerikaner angesichts dieses zwei Meter hohen Doppelzentners, in der TV-Werbung ist er aufgrund seiner Beliebtheit allgegenwärtig, er wiegt als ganze Persönlichkeit schwer.

Vielen gefällt auch, wie er über Gott redet („Ich bete jeden Tag, dass ich in meinem Leben nicht zu viele Dinge tue, die IHM nicht gefallen“), oder wie er an Footballkollegen, wenn sie ihre Karriere beenden, handgeschriebene Dankesbriefe verschickt. „Ich schreibe einfach an solche Jungs“, sagt Manning, „die das Spiel auf die richtige Art gespielt haben.“

Brady verschafft Trump gute Umfragewerte

Für Trump gibt es also gute Gründe, mit diesem Mann zu golfen – aber beim Halbfinale vor zwei Wochen schlugen in der Brust des Kandidaten plötzlich zwei Herzen. Denn Manning traf im Kampf der Giganten auf Tom Brady, den nicht minder beliebten Quarterback der New England Patriots, und über den hatte Trump ein paar Tage zuvor in der „Washington Post“ erzählt: „Ich habe Tom meine guten Umfragewerte in Boston zu verdanken.“ So vertraut ist er mit dem Mann, dass er ihn Tom nennen kann.

Brady bekennt sich aber auch zu Trump. Beim Training und in Pressekonferenzen zeigt er sich gerne mit einer Baseballmütze, die ihm der Politiker einmal geschenkt hat und auf der steht: „Make America great again.“ Er traut Trump also offen zu, dass er Amerika wieder groß und großartig macht – allerdings soll es deshalb gelegentlich zum Ehezwist kommen zwischen dem Superstar und seinem Supermodel: Gisele Bündchen. Die schöne Brasilianerin mit den schwäbischen Wurzeln, die mit vollem Namen Gisele Caroline Nonnenmacher Bündchen heißt, hält von Trumps Philosophien demnach weniger. Aber ihr Tom spielt nun einmal Golf mit ihm und sagt: „Er ist mein Freund.“

Clinton ruft Young an

US-Politiker zeigen sich gerne mit Quarterbacks, denn diese aus dem Hartholz Geschnitzten gelten als die letzten Männer. Sie sind die Generäle in der Eroberungsschlacht um Raum und Yards, werfen und verteilen als kühle Strategen unter oft höllischem Druck die Bälle, trotzen den gröbsten Attacken und gehen mit dem Ei in der Hand notfalls selbst steil.

Die Superbowlgeschichte ist voll mit magischen Nächten der Unsterblichen. Joe Namath ging hinterher als „Broadway-Joe“ nach Hollywood – und andere Finalriesen wie Bradshaw, Montana, Aikman, Elway oder Favre wankten unter dem Schulterklopfen der Politiker.

Steve Young darf nicht vergessen werden. Der schenkte im Finale `95 in Miami seinen San Francisco 49ers gegen die San Diego Chargers sechs Touchdowns. Im Fußball wären das zwei Hattricks im Finale einer Weltmeisterschaft, kurz: da holte einer in einer einzigen unfassbaren Nacht alle Sterne vom Himmel. Direkt in der Kabine hat Bill Clinton ihn dann angerufen und ist am Telefon vor Young in die Knie gegangen wie normalerweise nur Miss Lewinsky im Oval Office vor dem Präsidenten.

Johnson schlägt Clintons Einladung aus

Das rote Telefon im Weißen Haus ist in Superbowlnächten selbst für Moskau nicht mehr erreichbar, denn die US-Präsidenten haben Wichtigeres zu tun. Jimmy Johnson erzählt dazu eine hübsche Geschichte. Er ist am Overseas Highway auf der Inselkette der Florida Keys, der berühmten Straße über das Meer, der Wirt des „Big Chill“. Aber besser bekannt ist Jimmy als Trainerlegende, zweimal hintereinander hat er die Dallas Cowboys zum Sieg geführt, und als sie 1993 in der Kabine fröhlich feierten, musste er plötzlich ans Telefon. „Glückwunsch, Coach Johnson“, rief Bill Clinton durch die Muschel, „ich möchte, dass Sie ins Weiße Haus kommen.“ Johnson bedankte sich für die nette Einladung und antwortete: „Sorry, Mister Präsident, aber ich kann nicht, ich muss zum Fischen auf die Keys.“ Wen ruft Barack Obama am Sonntag an?

Aber vor allem: setzt Donald Trump auf den richtigen Quarterback?

Die Frage stellt sich dramatisch, denn Peyton Manning hat zwar die gemeinsame Golfrunde bestätigt, aber inzwischen auch deutlich gemacht: „Ich unterstütze Trump nicht“. Prompt verlor der gegen den Rivalen Cruz die Vorwahlen in Iowa, woraus viele jetzt folgern: Manning könnte Trump die Präsidentschaft kosten.

Hätte vielleicht doch besser Tom Brady das Halbfinale gewonnen?