Effenberg und Co. sind zurück und die Bundesliga kriegt nicht genug. Jetzt kommen beim Fernsehen wieder Co-Kommentatoren zum Einsatz.

Stuttgart - Die Bundesliga wartet gleich zu Beginn wieder mit erstaunlichen Überraschungen auf, aber besonders verblüffend ist die neue Frisur von Matthias Sammer - radikal hat sich der Sky-Experte im Rahmen des Kahlhiebs obenrum alles wegrasiert, was im Weg war, sichtlich motiviert von dem Motto: Ein schöner Kopf braucht Platz. Die alten Zöpfe sind ab.

 

Aber nicht nur Sammer hat erkannt, was er den vielen Fans schuldig ist, die sich zur neuen Saison scharenweise eingedeckt haben mit Flachbildfernsehern im gestochen scharfen HD-Format - alle Sender zeigen sich im neuen Look, und die wachsende Zahl ihrer Experten steht für den Wandel des Fußballs: Er wird mittlerweile weniger gespielt als gesprochen.

Quer durch die Kanäle tagt der Rat der Weisen, und sogar die Co-Kommentatoren auf der Tribüne geben ihr Comeback - spontan denkt man an Wolf-Dieter Poschmann, der einmal verriet: "Es ist beim ZDF guter Brauch, einem ahnungslosen Moderator einen Experten zur Seite zu stellen."

Marcel Reif hält wenig von Co-Kommentatoren

Nicht nur beim ZDF. Beim Bezahlsender Sky, der die Ware Bundesliga teuer gekauft hat und sie attraktiv wieder verkaufen muss, hat Marcel Reif neuerdings Franz Beckenbauer neben sich zu dulden. Dabei hält der Starkommentator Reif von einem solchen Rollenspiel gar nichts. Er hat diese Einbindung alter Kanonen einmal als "schleichende Entmündigung des Sportjournalisten" verurteilt - und sich dabei vermutlich auch noch mit Schmerzen erinnert an Heribert ("Nabendallerseits") Fassbender. Dem verordnete die ARD vor zwanzig Jahren als fachmännischen Flankenschutz Kalle Rummenigge, der ihm wie ein Co-Pilot beim Blindflug den Rücken stärkte - was dann so ging:

Fassbender: "Kalle, das war doch Foul, oder?"

Rummenigge: "Ganz klar Foul, Heribert."

Stefan Effenberg geht es besser

Jetzt also Beckenbauer und Reif - wobei Letzterer neulich, mitgerissen vom Rausch der eigenen Analyse, den Kaiser nicht allzu häufig zu Wort kommen ließ. Da geht es Stefan Effenberg besser. Mit dem Herrschaftswissen des aus der Tiefe der Praxis kommenden Sachverständigen erklärt er seinem Nebensitzer Kai Dittmann derart den Fußball, dass ihn sein Partner unlängst händeringend anflehte: "Stefan, du musst wiederkommen."

Aber vor allem Markus Merk. Der alte Zahnarzt und Starschiedsrichter nennt als neuer Sky-Scharfrichter die Pfeifen beim Namen und zieht ihnen notfalls die Plombe wie kürzlich dem Kollegen Kinhöfer ("Das war irregulär") - und als Maik Franz, der böse Berliner Bube, ausnahmsweise einmal neunzig Minuten lang brav blieb, staunte Merk: "Maik Franz, null Fouls, das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen."

Ein zündender Spruch muss dem Fußball nicht schaden, und deshalb sitzt am Sky-Tisch am Spielfeldrand plötzlich auch Jan Age Fjörtoft. Der Norweger hat früher für Frankfurt gestürmt und seinerzeit beispielsweise über seine Ähnlichkeit mit dem Sohn des Mitspielers Sobotzik erklärt: "Mit Frau Sobotztik habe ich schmunzelnd ausgemacht, dass an der Geschichte nichts dran ist." Seine Karriere hat der lockere Sunnyboy dann später mit den Worten beendet: "Ich sterbe aus." Jetzt lebt er wieder, er passt in den TV-Trend.

Jeder Plauderexperte ist willkommen

Typen sind verlangt, Witzbolde ohne Maulsperre. Die DFB-Pokalauslosung macht zum Entsetzen aller Wolfhard-Kuhlins-Gedächtnisfans jetzt der Komödiant Oliver Pocher in der Sky-Show "Samstag live". Und als Glücksfee zittert nicht mehr Walter Baresel die Loskugeln durchs Studio, das erledigt jetzt das kaffeebraune Topmodel Sara auf hohen Absätzen. Der Ball ist für Sara zwar vermutlich aus Kautschuk und Mahagoniholz.... aber diese Beine.

Wird die nächste Hauptrunde in "Waldis Club" gezogen? Sogar der dortige Stammtisch darf jetzt ab und zu ran als erweiterter Bundesliga-Expertenkreis, die Kaiserkopie Matze Knop ist an guten Tagen sogar der bessere Beckenbauer - und auch Jörg Kachelmann kann ja demnächst freien Fußes wieder mal zu Waldi kommen und uns erklären, wer bei "Fritz-Walter-Wetter" am ehesten Meister wird.

So geht die Bundesliga ihre neuen Wege, jeder Plauderexperte ist willkommen, vom lustigsten Waldigast bis zu Mario Basler - der zeigt jetzt als Clown im "Doppel-pass" bei Sport1 statt des 76-jährigen Udo Lattek, wohin im Fußballzirkus der ungebremste Spaß führen kann.

Moderieren mit einer Königspython

Die alten Lattek-Fans hoffen derweil, dass ihr eisgrauer Wolf wenigstens im Rahmen des Comebacks der Co-Kommentatoren noch mal zu Wort kommen wird - nur als Kostprobe sei dabei an den legendären Dialog erinnert, den er sich als fachlicher Begleiter einmal mit TV-Altmeister Rudi Michel geliefert hat.

Michel: "Es regnet ja wahnsinnig, was, Udo?"

Darauf Lattek: "Ja, ja. Es regnet. Wie im Baskenland. Das weiß ich noch aus meiner Zeit in Spanien."

Das sind die Erkenntnisse, die einer allein gar nicht leisten kann - und wohin die Reise im Medienfußball geht, ist spätestens vollends klar, seit Katrin Müller-Hohenstein das ZDF-"Sportstudio" vorletzten Samstag mit einer Königspython um den Hals und der Frage eröffnete: "Darf ich Ihnen meine Co-Moderatorin vorstellen?"

Das Publikum klatschte begeistert - und war sichtlich erleichtert, dass die Bundesliga nicht von einer Blindschleiche kommentiert wird.