Der FC Bayern München sucht in seinem Bundesligateam mal wieder einen Maulwurf - die Täterbeschreibung könnte in den nächsten Tagen zu wilden Spekulationen führen.

München - Dem FC Bayern wird wieder einmal der Teamgeist und die Moral untergraben von einem niederträchtigen Whistleblower.

 

Früher sagte man Maulwurf.

Dieser Wühler, der unterirdisch sein Unwesen treibt, schaufelt haufenweise den Dreck an die Öffentlichkeit und treibt den besten Fußballclub der Welt derart zur Weißglut, dass Trainer Pep Guardiola von seinem Sportchef Matthias Sammer schonungslos und dringend verlangt: Brich dem Strolch das Genick und zieh ihm mit dem Spaten einen Scheitel!

„Wer ist dieser Anonymus?“, schimpft Guardiola.

Der Schädling füttert die Außenwelt mit Interna aus der Kabine. Beispielsweise soll dem Trainer gar nicht gefallen haben, dass der eine oder andere Bayernstar fett wie eine Weihnachtsgans aus dem Winterurlaub zurückkam – oder dass der Vertrauensbrecher die sensationslüsterne Öffentlichkeit mit Sätzen beglückt wie: „Bei uns brodelt es, die Stimmung ist nicht gut, und wenn alle fit sind, kracht es.“

Immer wieder sind es die Bayern, die dieser grässliche Graber heimsucht. Sein letztes Opfer war Uli Hoeneß – der hat jetzt noch eine Mordswut auf jenen Maulwurf, der irgendwo in einem Finanzamt saß und interne Dokumente aus seinen Steuerakten an die Außenwelt schaufelte. Unter aller Sau ist das, haderte der Expräsident und erstattete Anzeige wegen Verletzung des Steuergeheimnisses – in Dunkelhaft gehört so ein Maulwurf, findet Hoeneß, bei Wasser und Brot.

Den Trainer Guardiola ärgert der Finsterling nun schon zum zweiten Mal, bereits im Herbst 2013 hatte ein Maulwurf seine geheimsten taktischen Pläne ans Licht hochgebuddelt. „Wir werden den Täter ermitteln, und er wird für Bayern nie wieder spielen“, drohte der Spanier damals, und weil der Vorstandsvorsitzende Karlheinz Rummenigge mittlerweile ergänzt hat, dieser Spieler sei „inzwischen verkauft“, tippen viele auf Toni Kroos.

Der FC Bayern als großer Maulwurfshaufen

Jedenfalls war der FC Bayern schon immer der größte Maulwurfshaufen des Fußballs. „Hier kommt alles raus“, hat einmal Stefan Effenberg getobt, als er nach einer unrühmlichen Eskapade anderntags brühwarm in der Zeitung stand – das einzige, was nie rauskam, war die Identität des Verräters.

Ein Maulwurf ist nämlich schlau und gerissen. Als bei der EM 2012 ein paar Stunden vor dem Anpfiff des Spiels gegen Griechenland die deutsche Überraschungsvariante mit Klose, Reus und Schürrle publik wurde, suchten die DFB-Detektive mit Spürhunden nach dem Schuft – aber außer grob fahrlässigen Spekulationen, dass Bastian Schweinsteiger womöglich mit seinem Bruder telefoniert hatte und der dann mit einem, der erstens das Wasser nicht halten konnte und zweitens einen Journalisten kannte, kam nichts heraus.

Kein Maulwurf hat jemals seine Identität gelüftet – dass es sich bei dem durch das gleichnamige Kinderbuch berühmten „Maulwurf Grabowski“ um unseren glorreichen Weltmeister von 1974 handelt, ist eindeutig widerlegt. Und vor allem in München hat sich nie einer freiwillig als Informeller Mitarbeiter der Boulevardpresse geoutet. Auch Mehmet Scholl wurde dort zum Opfer eines Maulwurfs, der seine privaten Probleme brühwarm an die bunte Presse durchtelefonierte – und Jürgen Klinsmann fluchte einst als Bayern-Torjäger: „Ich warte nur noch darauf, dass mein ganzer Vertrag als Kopie in der Bild-Zeitung steht.“

Matthäus gilt als enger Freund des Boulevards

Aufgrund der typischen Merkmale des gemeinen Maulwurfs – Rüsselschnauze, kurzer Hals, kurzer Schwanz und weitgehend blind – ist unter bösen Zungen früher immer schnell Lothar Matthäus in Verdacht geraten. Der Weltstar galt als betont mediennah, mit dem Reporter Wolfgang Ruiner war er praktisch rund um die Uhr verdrahtet – wenn Matthäus eine Blähung ließ, war die Wolke anderntags in „Bild“ abgelichtet. Außerdem gräbt sich ein Maulwurf mit einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von 67 Metern pro Minute durch die unterirdischen Gänge – was ziemlich genau dem schnellen Antritt von Matthäus auf den ersten fünf Metern entsprach. Jedenfalls mutmaßte die Schweizer „Weltwoche“ seinerzeit: „Unter allen wichtigen Figuren im deutschen Fußball ist er wohl der verdienteste Maulwurf der ,Bild’. Seit Ende der 80er Jahre trägt er unter Mitspielern den Spitznamen IM Lothar, weil er quasi eine Standleitung zur Redaktion betreibt.“

Auf einmal ist Matthäus ziemlich sauer

Andererseits, und das hat Matthäus dann doch wieder entlastet, geriet er gelegentlich selbst in Rage. Als einmal ein Machtwort von Franz Beckenbauer („Ihr seid eine Scheißmannschaft!“) an die Öffentlichkeit drang, rief er als Bayern-Kapitän empört: „Eine Sauerei ist das, wie bei uns die Interna nach draußen geplaudert werden.“ Matthäus soll damals sogar Uli Hoeneß zu einer Rasterfahndung nach dem charakterlosen Geheimnisverräter ermuntert haben.

Hoeneß kann die Spione jedenfalls gar nicht mehr zählen, die er als Spieler, Manager und Präsident schon gejagt hat. Er mag keine Maulwürfe, die die Bayern unterhöhlen oder das Schweizer Bankgeheimnis lüften. Deshalb sehen wir ihn schon vor uns, wie er nach seiner Rückkehr im März in den Giftschrank aller Gartenfreunde greift – und eimerweise Seifenlauge und Jauche in den stockdunklen Tunnel des Finsterlings gießt, angereichert mit stinkenden Heringsköpfen.