Grillen auf dem kleinen Rost war gestern. Wer es sich leisten kann, stellt sich eine Outdoorküche mit Gasgrill, Infrarotbrenner und einer Kochvorrichtung für den Wok in den Garten oder auf die Dachterrasse.

Lokales: Sybille Neth (sne)

Stuttgart - Ausgerechnet die Holländer mit ihrem unbeständigen Wetter sind besonders passionierte Freiluftköche. Auch in Münster brutzeln die Foodfotografen Walter Pfisterer und Johanna Gollob dreimal in der Woche vor ihrem Film- und Fotostudio in ihrer Outdoorküche. Montags ist Pizza-Tag, und Pfisterer macht nicht nur den Teig draußen vor der Tür, sondern röstet über der Glut die Paprika und die Tomaten an, die als Soße auf den dünnen Hefeteig kommen. Im Big Green Egg, einem Keramikgrill, der innen rundherum mit Schamott ausgekleidet ist, wird daraus eine knusprige Pizza – die gleichmäßige Hitze machts, sagt der Foodfotograf.

 

Material von der Nasa

Pfisterer hat so Beruf und die Liebe zum Essen verbunden. Die Mitarbeiter freuen sich, wenn der Chef draußen für alle kocht. „Das fühlt sich ein bisschen wie Urlaub an, nicht wie in der Küche stehen“, habe eine Kundin die Szenerie unter freiem Himmel beschrieben, berichtet Johanna Gollob. Die Big Green Eggs in verschiedenen Größen erinnern etwas an eine Taucherglocke und haben eine Außenummantelung, die ursprünglich von der Nasa für den Space Shuttle entwickelt worden war. Pfisterer und Gollob verkaufen sie seit Jahren nebenbei und ihre Outdoorküche ist deshalb Showroom, denn wer damit liebäugelt, den Garten oder die Terrasse so zum sozialen Treffpunkt zu machen, kann bei Ihnen einen Vorgeschmack erhalten.

Eindrücke von Reisen in die Sonne

Tobias Nägele, der den Online-Shop Gardelino von Rheinstetten aus betreibt, versteht sich als Pionier des hierzulande noch neuen Trends. „Von Reisen in die USA und nach Australien kannte ich die Außenküchen. Vor zehn Jahren habe ich mir selbst so eine im Garten gebaut,“ erzählt er. Dann stellte er Bilder davon ins Netz und hatte schnell eine Fangemeinde, die so etwas auch wollte. Nägele berät seine Kundschaft am Telefon über die technischen Komponenten. „Manche wollen sich die Küche drumherum selbst bauen“, berichtet er. „Andere wollen keinen Finger rühren.“ Für die hat er ein Netz von Handwerkern, auch in der Nähe von Stuttgart. Diese bauen um den Gasgrill, den Herd und die Spüle die Küchenelemente aus Stein, Holz oder Beton. So ließen auch Pfisterer und Gollob passgenau zu ihrem Big Green Egg die Küche vom Grill-Hersteller anfertigen. Rustikal aus dunklem Beton, die Rückwand musste fast einen Meter tief ins Erdreich. Das kostete Zeit, der Wasser aus dem Hahn hingegen wird einfach vom Gartenschlauch gespeist.

Ein Projekt für Heimwerker

Wer seine Küche so vom Fachmann in den Garten oder aufs Penthousedach verlegen will, liegt alles in allem schnell im fünfstelligen Bereich, rechnet Nägele vor. Andererseits scheint der Bau einer Gartenküche ein typisches Projekt für Heimwerker zu sein. Auf Pinterest, der Internetplattform für Bastler, stellen sie ihre Baupläne und die Ergebnisse dazu ins Netz

Inzwischen verkaufen sich die technischen Elemente für Outdoorküchen gut und BBQ-Profi Thomas Stockinger in Feuerbach hat in seinem Shop eine große Auswahl von 1000 Euro an aufwärts. „Wer sich einen Holzgrill unter 500 Euro zulegen will, kommt ohnehin nicht zu uns, sondern geht in den nächsten Baumarkt“, charakterisiert er seine Kunden. Dementsprechend blitzt der Edelstahl im Showroom, und einige dieser Kombinationen laufen jeder Standardeinbauküche um Längen den Rang ab. Die größte und teuerste trägt den Namen California Grill. „Das Grundelement kostet 15 000 Euro“, verrät Stockinger. Gleich zwei Grillstationen mit Haube stehen dem Koch zur Verfügung, verschiedene Elemente zur Flaschenkühlung sorgen für die richtige Temperierung der Drinks und selbst für deren Zutaten – Zitrone, Minze, Oliven – sind mehrere Kunststoffschälchen installiert, damit der Gastgeber alles griffbereit hat. Geschirr, Gewürze, Öl und Soßen finden Platz in den Schub- und Schrankfächern. Und natürlich gibt es eine Spüle und einen außentauglichen Kühlschrank.

Kruste bei 1000 Grad

Wer es kleiner haben will, weil der Garten nicht die Größe hat, dass er mit einem Aufsitzrasenmäher gepflegt werden muss, dem rät Stockinger zur mobilen Zeile auf Rädern. Die holt der deutsche Grillmeister von 2010 als besonderen Service bei seinen Kunden im Spätherbst zum Einlagern ab. „Vom Wintergrillen wird mehr geredet, als es tatsächlich gemacht wird“, sagt er schmunzelnd. Die mobilen Geräte können auch draußen bleiben, brauchen nach dem Winter jedoch eine gründliche Reinigung.

Gemauert oder mobil auf Rädern, klein oder groß – zur angesagten Station gehört neben einer Wokplatte für die Zubereitung der Beilagen der Infrarotbrenner. Der wird bis zu 1 000 Grad heiß und macht ein Steak in Nullkommanix außen knusprig. Danach kommt es unter die Haube zum Ruhen, bis die gewünschte Kerntemperatur erreicht und es rosa gebraten ist. Solche Kunst ist mit dem Gasgrill wesentlich einfacher als mit dem Holzkohlegrill. „Da passiert es leicht, dass ein Tier zweimal stirbt“, raunt Stockinger. Das zweite Mal auf der Glut, wenn es falsch behandelt wird.

Glaubensfrage Holz oder Gas

Den Geschmack macht die Temperatur, nicht die Holzkohle, darin sind sich Stockinger und Internethändler Nägele einig. Pfisterer hingegen schwört auf seine Mischung aus Eichen-und Hickoryholz, die unten ins Keramik-Ei kommen. „Damit kann man das ganze Jahr über unter freiem Himmel kochen, weil das Feuer sehr gut abgeschirmt ist von der Witterung“, schwärmt er – „sogar Weihnachtsgebäck!“ Gas oder Holz ist eine Glaubensfrage. Der BBQ-Profi hat seit Kurzem den Kompromiss im Shop. Ein Outdoorküchenherd, der mit Holzpellets beheizt wird, aber so einfach zu bedienen ist wie ein Gasgrill: „Der ist sehr im Kommen.“