Outside Gym bietet an mehreren Standorten in der Region Stuttgart Zirkeltraining im Freien. Bei Übungen mit Namen wie „Wilde Seile mit Ausfallschritt“ kann man das Letzte aus seinen Muskeln herauspressen. Ein Selbstversuch.

Degerloch - Roy Epple schreit mich an. „Auf geht’s, Julia“, brüllt er quer über den Sportplatz. Ich sprinte gerade auf nassem, rutschigem Rasen vorwärts, rückwärts und seitwärts zwischen bunten Plastikhütchen hin und her. „Na warte, dir zeige ich es“, denke ich und lege noch einen Zahn zu. Der Fitnesstrainer grinst zufrieden. Genau das wollte er erreichen.

 

Nur die Harten kommen in den Garten, scheint das Motto beim von Epple gegründeten Outside Gym zu sein. Zweimal pro Woche heißt es Zirkeltraining auf dem Gelände der TSG Stuttgart am Georgiiweg. „Es wird trainiert – egal bei welchem Wetter“, sagt Sabrina Birkicht. Trotzdem bimmelt ihr Handy an jenem Donnerstag kurz vor Trainingsbeginn unablässig; viele fragen nach, ob trotz des Regens gesportelt wird. Die 46-Jährige leitet das Training am Standort Stuttgart. Insgesamt gibt es bisher fünf Trainingsorte in der Region. Die Zeichen stehen laut Roy Epple auf Wachstum, er selbst gibt Training in Leonberg.

„Das Lächeln nicht vergessen“

An diesem Tag kümmert er sich in Stuttgart persönlich um meine mehr oder weniger schlaffen Muskelgruppen. Inzwischen haben sich doch 16 Sportwütige auf dem Rasen eingefunden. Der Regen ist in ein Nieseln übergegangen. Es kann losgehen.

Sabrina Birkicht hat zwölf Stationen aufgebaut. Nach einer kurzen Aufwärmeinheit bilden die Teilnehmer Paare. An jeder Station macht erst der eine 40 Sekunden lang die vorgegebene Übung, dann der andere. Das Ganze wird zweimal wiederholt.

Nach dem Sprint im Quadrat zwischen Plastikhütchen bin ich schon ganz schön außer Atem. „Das Lächeln nicht vergessen“, zieht mich Epple auf, der alle Übungen mindestens doppelt so schnell oder intensiv macht wie ich und dabei nicht wirklich erschöpft wirkt. Die zweite Lektion heißt Kniebeugen. Aber nicht etwa ganz normale, sondern solche auf einem Bein. Als Hilfe dienen zwei an einer Torstange befestigte Griffe, an denen man sich zur Hilfestellung mit den Armen hochziehen kann. „Natürlich so wenig wie möglich“, befiehlt Epple. Die Beugen haben es in sich, 40 Sekunden können so lang sein. In den Pausen, in denen mein Partner trainiert, erscheinen sie hingegen lächerlich kurz. So geht es von Station zu Station.

Arme und Beine wie Pudding

Da gibt es beispielsweise die Lektion „Wilde Seile mit Ausfallschritt“. Zwei Tau-Enden werden wechselseitig kräftig hoch- und runtergeschlagen, so dass das Seil Wellen schlägt. Gleichzeitig mache ich tiefe Ausfallschritte. Was aussieht wie ein Seilspring-Spiel von Mädchen auf dem Spielplatz, ist der Wahnsinn. Nach nur 20 Sekunden fühlen sich meine Arme und Beine an wie Pudding. Roy Epple erinnert mich ans Lächeln.

Seit Mai wird am Standort auf der Waldau trainiert. Die Teilnehmer können sich vom Zehner- bis zum 52er-Ticket verschiedene Wertkarten kaufen. Bis etwa eine Stunde vor Trainingsbeginn kann man sich online anmelden. Der Sommer sei gut gelaufen, erzählt Roy Epple. Das Angebot soll eine Alternative fürs Fitnessstudio sein. Im Winter, voraussichtlich ab Ende Oktober, wird das Training aber ausgesetzt. Es gebe noch nicht genug Harte, die auch bei Schnee und Eis kommen würden.

Für blutige Anfänger und Leistungssportler

Sabrina Birkicht hält eine Stoppuhr in der Hand. Auf ihr Kommando wechseln die Trainingspartner die Stationen, wo nötig, gibt sie Hilfestellung. Die Teilnehmer haben Spaß, Musik läuft im Hintergrund und motiviert zusätzlich. Besonders amüsant ist jene Übung, bei der wir mit einem Brustgurt an einem Gummiseil befestigt werden. Die andere Seite des Seils ist am Zaun festgemacht. Dann heißt es rennen, so weit es geht, am Ende in die Höhe springen und mit dem Partner abklatschen. Sobald man in der Luft ist, zieht einen das Gummiseil zurück – ein seltsames Gefühl.

Mehr als eine Stunde heben wir Gewichte, werfen uns auf einem Bein stehend Medizinbälle zu oder machen liegestützähnliche Übungen auf einem halben Gummiball. Am Ende spüre ich jeden Muskel in meinem Körper, von dem einen oder anderen sogar mehr, als mir lieb ist. Es sei eben ein ganzheitliches Training, feixt Roy Epple. Mitmachen könne jeder. Da man sich selbst einteilen kann, wie intensiv man die Übungen macht, sei Outside Gym für blutige Anfänger ebenso wie für Leistungssportler geeignet. Ich zähle mich zu beidem nicht – und mir hat das Training trotz Schweiß und Regen eine Menge Spaß gemacht. Ich glaube, ich komme jetzt in den Garten.