Warum passen zwei Menschen zusammen? In einer Serie sprechen besondere Paare über ihr Leben. Heute: Patrizia Gentile und Tim Legler stehen am liebsten nebeneinander in der Cannstatter Kurve.

Schwaikheim - Eine fröhliche, junge Frau öffnet die Tür: Patrizia Gentile lebt mit ihrer Mutter und ihrer Schwester in Schwaikheim. Ihr Freund Tim Legler erscheint mit fünf Minuten Verspätung, er kommt direkt von der Arbeit bei einem Fensterbauer. Das junge Paar verbindet mehr, als nur die Liebe zueinander – es teilt eine Leidenschaft für den VfB Stuttgart.

 
Frau Gentile, Herr Legler, wann war Ihr erster gemeinsamer Besuch im Stadion?
Tim Legler Das war kurz nachdem wir uns kennengelernt hatten . . .
Patrizia Gentile . . . nämlich vor drei Jahren beim Spiel des VfB gegen Eintracht Frankfurt. Ich kann mich gut daran erinnern: Wir waren mit meiner Tante im Stadion, durch sie bin ich erst so richtig zum VfB Stuttgart gekommen.
Tim L. Wir haben das Spiel gegen Frankfurt gewonnen. Das war natürlich umso besser.
Hat das Spiel für Sie als frisch Verliebte überhaupt eine Rolle gespielt?
Patrizia G. Wenn wir ins Stadion gehen, dann sind wir eher Fan und weniger Paar.
Tim L. Einmal haben wir uns sogar zig Meter voneinander getrennt in der Mercedes-Benz-Arena ein Spiel angeschaut.
Das müssen Sie erklären!
Tim L. Ich hatte eine Zeit lang die Dauerkarte eines Freundes bekommen, der in Graz war, und Patrizia hatte eine Karte im Stehbereich der Cannstatter Kurve für das Spiel gegen Wolfsburg. Wir wollten beide unbedingt die Partie im Stadion verfolgen, aber gemeinsam sitzen war leider nicht möglich. Am Anfang war ich skeptisch, weil Patrizia alleine als junge, kleine Frau im Block stand – da kann es ja unter den ganzen Fans ziemlich zur Sache gehen. Zu meiner Beruhigung hat sie mir ständig SMS geschrieben, wie es ihr dort so ergeht.
Patrizia G. Für mich war das eine aufregende Erfahrung. Ich dachte nur: Ich? Hier? Ganz alleine? Oh mein Gott!
Tim L. Aber bevor wir gar nicht ins Stadion gehen . . .
Patrizia G. . . . gehen wir eben getrennt.
Wussten Sie denn von Beginn an, dass der andere auch Fan des VfB Stuttgart ist?
Tim L. Am Anfang wusste ich nicht, dass Patrizia sich überhaupt für Fußball interessiert. Dass sie sogar Fan desselben Vereins ist, habe ich erst erfahren, als sie mich zum ersten Mal daheim besucht hat.
Patrizia G. Ich war bei ihm in der Wohnung und habe den VfB-Schal an der Wand hängen sehen. Da war ich richtig happy.
Tim L. Das war für mich schon eine große Überraschung, zumal ich schnell gemerkt habe, dass Patrizia nicht nur ein bisschen, sondern richtig Fan ist. Dass sie nicht nur ab und zu mal mit Freunden ins Stadion geht, sondern mit ganzem Herzen den Verein unterstützt. Anfangs hat mich das zwar gewundert, aber mit seiner Freundin gemeinsam ins Stadion gehen zu können ist wirklich schön.
Wie unterscheiden Sie sich als Fans?
Patrizia G. Ich bin ein sehr emotionaler Fan. Wenn früh ein Gegentor fällt, dann habe ich eigentlich gar keine Lust mehr auf das Spiel. Einmal wollte ich sogar schon vor dem Abpfiff gehen, weil ich so verärgert war.
Tim L. Ich bin sicherlich rationaler, analysiere das Spielgeschehen. Wenn ich mich laut ärgere, dann ist das gerechtfertigt, bei Patrizia ist das nicht immer der Fall – zum Beispiel bei Schiedsrichterentscheidungen.
Patrizia G. Ich habe halt die VfB-Brille auf.
Haben Sie am Anderen neue Seiten entdeckt durch Ihre gemeinsame Liebe zum VfB?
Tim L. Nein. Patrizia ist eine temperamentvolle Italienerin. Das merkt man im Stadion und auch sonst.
Patrizia G. Tim ist normalerweise ruhiger als ich. Aber beim Fußball kann er voll aus sich herausgehen. Ich würde es auch seltsam finden, wenn er während eines Spiels völlig cool wäre.
Wie sehr beeinflusst die Tabellenplatzierung Ihres Lieblingsvereins Ihre Beziehung?
Tim L. Wenn der VfB verliert, wirkt sich das schon auch auf unsere Partnerschaft aus. Ich habe nach Niederlagen meist schlechte Laune, und dann kann mir Patrizia leicht auf die Nerven gehen. Vor allem, wenn wir unterschiedliche Meinungen zu der Leistung von Spielern oder entscheidenden Spielsituationen haben, geraten wir aneinander. Wenn der VfB gewinnt, ist unsere Laune dagegen bestens, und wir verstehen uns blendend.
Wie weit geht Ihre Liebe zum VfB Stuttgart?
Patrizia G. Zu unserem ersten Jahrestag habe ich von Tim ein VfB-Trikot geschenkt bekommen. Auf dem Rücken steht der Name des Stürmers Daniel Ginczek. Tim hat das gleiche Trikot. Auch wenn sich sicherlich viele Frauen wundern: Ich habe mich darüber sehr gefreut. Die Trikots zeigen unsere Verbundenheit.
Tim L. Es hilft schon, dass wir die Leidenschaft für den VfB teilen. Ich kann mich zum Beispiel daran erinnern, als wir auf einem Weihnachtsmarkt mit Patrizias Familie waren. Am Abend hat der VfB Stuttgart bei Borussia Dortmund gespielt. Wir sind bei Minustemperaturen kilometerweit durch die Stadt gelaufen, um nach einer Kneipe zu suchen, die die Partie überträgt. Schließlich haben wir das Spiel in der Lobby eines Hotels auf einem kleinen Fernseher angeschaut. Bei Paaren, wo nur einer Fußballfan ist, würde es in solchen Situationen vielleicht Streit geben.