Im Gewand des Horrorfilms erzählt die Regisseurin Jennifer Kent von Depressionen. Die alleinerziehende Witwe Amelia und ihr Sohn Samuel glauben, ein Monster aus einem Kinderbuch stelle ihnen nach.

Stuttgart - Es gibt kein Leben ohne Schrecken. Die Frage ist nur, wie viel Entsetzliches einem zustoßen, ob es die Ausnahme bleiben oder sich als Grundmuster etablieren wird. Darum sind Horrorfilme auch kein albernes Vergnügen für Mutproben-Kids, keine Schrumpfanspruchs-Geisterbahnfahrten durch eine wild geschüttelte Babyrassel voller digitaler Effekte. Horrorfilme sind Versuche, von der Angst zu erzählen, vom Unfassbaren, vom Verdrängten. Leider merkt man das nicht immer, denn eine nimmermüde Stanzmaschine von Genreplunder spuckt sinnentleerte Imitate von Schreckenserkundungen aus.

 

Die australisch-kanadische Produktion „Der Babadook“ ist ganz anders, ein echter Horrorfilm, der klar, mutig und konsequent einen Denkansatz verfolgt. All das, obwohl viele Einzelszenen, Schauermomente, Zuschauerlenkungen dem Standardbaukasten des Horrorfilms entnommen sind. Die Autorin und Regisseurin Jennifer Kent lässt sich von ihrem Material so wenig vorschreiben, was am Ende herauszukommen hat, wie ein einfallsreicher Bastler aus Legosteinen zwanghaft nur das bauen würde, was auf dem Kartondeckel abgebildet ist. Jennifer Kent liefert mit „Der Babadook“ einen großartigen Film über Depressionen.

Was liegt da unterm Bett?

Im Mittelpunkt stehen die alleinerziehende Mutter Amelia und ihr siebenjähriger Sohn Samuel. Vielleicht würde Amelia noch zustimmen, würde man sie eine überforderte Frau nennen. Sie hat einen auslaugenden Job als Altenpflegerin, und Samuel ist alles andere als ein ausgeglichenes Kind. Er ist überspannt und ängstlich, vor jedem Schlafengehen muss Amelia ihm zeigen, dass kein Monster unterm Bett liegt und keines im Schrank lauert.

Natürlich blickt die Kamera dabei unterm Bett hervor und aus dem Schrank heraus, als verstecke sich da doch etwas, das die Menschen im Blick hat. Gute Horrorfilme arbeiten weniger mit der drastischen Darstellung von etwas, das fraglos da ist, als mit der leisen Suggestion, dass etwas da sein könnte.