Der Konzern TNT Post schreibt in der Region rote Zahlen. Daher soll das Depot in Stuttgart geschlossen werden. Die Mitarbeiter sind nun verunsichert.

Stuttgart - In der Fellbacher Schaflandstraße 11 herrschte am Mittwoch Fassungslosigkeit. Am Dienstag, so erzählt ein Zusteller, der seinen Namen nicht veröffentlichen will, hätten seine Kollegen und er noch freie Tage verteilt, am Mittwoch erwartete die Mitarbeiter die Kündigung. Das Depot der TNT Post, in dem er und rund 80 Kollegen beschäftigt sind, wird geschlossen. Immerhin habe TNT ihm und seinen Kollegen Abfindungen angeboten, und am Donnerstag solle es eine Infoveranstaltung über alternative Beschäftigungsmöglichkeiten geben – „aber viele von uns sind schon über 50 und haben Angst, keinen Job mehr zu finden“. Von Montag an sind die meisten von ihnen freigestellt. Einen Betriebsrat gibt es nicht, insofern bleibt die Gewerkschaft weitest gehend außen vor.

 

Unter dem Namen TNT Post ist der niederländische Postdienstleister Post NL auf dem deutschen Markt tätig. Das frühere Staatsunternehmen, das hierzulande bereits seit Beginn der Postmarktliberalisierung aktiv ist, hat sich vorgenommen, der Deutschen Post im Bereich Geschäftspost Marktanteile abzunehmen. In den ersten Jahren setzte TNT dazu auf eine Kombination von eigenen Zustellbetrieben und Partnerschaften. Seit vergangenem Jahr konzentriert sich der Konzern aber immer mehr auf Kooperationen und Beteiligungen, von denen es mittlerweile bundesweit rund 20 hat. Wichtiger Kooperationspartner ist vor allem die Stuttgarter Georg von Holtzbrinck GmbH & Co. KG, mit der TNT gemeinsam beispielsweise den Dienstleister Pin besitzt und das Netzwerk Mail Alliance organisiert, in dem vor allem Verlage bundesweit der Post Konkurrenz machen.

In Stuttgart hat der Konzern rote Zahlen geschrieben

Am 23. Dezember 2011 hat TNT beim Bundeskartellamt zudem eine Beteiligung an der Stuttgarter BW-Post angemeldet, die am 8. Februar genehmigt wurde, wie ein Sprecher der Behörde sagte. Die BW-Post ist nach eigenen Angaben größter Post-Konkurrent in Baden-Württemberg und hat 2010 rund 31 Millionen Sendungen zugestellt. Das Stuttgarter Unternehmen ist Teil der MHS Medienholding Süd, zu der auch die Stuttgarter Zeitung gehört. Künftig wolle man sich auf die BW-Post und die südbadische Arriva, an der neben TNT und Holtzbrinck der Verlag der Badischen Zeitung beteiligt ist, konzentrieren.

In einer Mitteilung begründete der Konzern, der in Deutschland nach eigenen Angaben 2700 Mitarbeiter beschäftigt, die Schließung mit „dem immer stärker werdenden Konkurrenzdruck in der Region“. Man sei „von den regionalen alternativen Briefdiensten ausgegrenzt und gerade bei Ausschreibungen unter enormen preislichen Druck gesetzt“ worden, sagte eine Sprecherin. In Stuttgart habe der Konzern deshalb rote Zahlen geschrieben und auch keine Perspektive gesehen, dies zu ändern. Ähnlich radikal wie jetzt in Fellbach hat TNT vor eineinhalb Jahren auch seine Zustelltochter Regio-ES in Esslingen mit 16 Beschäftigten geschlossen. Das Unternehmen TNT Express, das derzeit im Zentrum eines Übernahmekampfes steht, ist übrigens eine ehemalige Konzernschwester, an dem TNT Post nur noch eine Beteiligung hält.