Zwar blenden die meisten Menschen den Tod im Alltag gerne aus, dennoch betrifft es letztlich jeden. Die Mitglieder des Palliativ-Netzes bieten Hilfe an. Das wissen viele Betroffene aber gar nicht. Nun möchte die Stadtteilgruppe von Stuttgart-Sillenbuch bekannter werden.

Sillenbuch - Es gibt Dinge, auf die kann man sich nicht vorbereiten. Der Tod kündigt sich selten an. Und was es bedeutet, einen nahestehenden Menschen bis zu seinem Ableben zu pflegen, weiß man erst, wenn es so weit ist. Welcher Arzt ist der richtige? Wer geht einem bei der Pflege zur Hand? Welche Unterstützung können Familien in Anspruch nehmen? Und was tun, wenn es zu Ende geht?

 

In Sillenbuch bieten sich vier ehrenamtliche Frauen als Ansprechpartner an. Andrea Bremer, Gitte Mann, Elisabeth Gekeler und Sibylle Zaiser bilden die Stadtteilgruppe des Palliativ-Netzes Stuttgart. Allesamt Frauen, die viele im Bezirk kennen. Andrea Bremer etwa war früher Elternbeirätin und ist wie Elisabeth Gekeler auch Mitglied im Kirchengemeinderat, Gitte Mann hat sich ehemals in Altersheimen als Unterhalterin engagiert. Katrin Gebicke ist eine der Koordinatorinnen bei der Bürgerstiftung, die das Palliativ-Netz initiiert hat.

Alle Akteure miteinander verknüpfen

Gegründet wurde das Netz 2009 mit dem Ziel, möglichst alle Akteure in der Hospiz- und Palliativ-Arbeit miteinander zu verknüpfen, um Menschen in ihrer letzten Lebensphase und deren Angehörige optimal unterstützen zu können. „Wir haben in unserer Stadt ein riesiges Angebot, aber die Beteiligten müssen voneinander wissen“, sagt Katrin Gebicke. Haus- und Fachärzte, Therapeuten und Pflegedienste, städtische Fachbereiche und Beratungsstellen, Seelsorger und Hospize: Heute sind über das Palliativ-Netz etwa 160 Mitglieder in ganz Stuttgart verbunden.

Im Kleinen gibt es das in Sillenbuch, die Fäden laufen bei der Stadtteilgruppe zusammen. Sie hat ihre Arbeit 2011 aufgenommen. Die vier Frauen treffen sich drei-, viermal im Jahr mit Katrin Gebicke, besprechen, was ansteht. Die nächste Aufgabe wird sein, den Stadtteil-Flyer zu überarbeiten, in dem Pfarrer, Mediziner, Beratungsdienste oder Bestatter aufgeführt sind. Stimmen alle Daten noch, sind die Ansprechpartner dieselben? Dieser Flyer ist das wichtigste Instrument der Freiwilligen. Werde sie von Familien angesprochen, fungiert das Flugblatt als roter Faden.

Ansprechpartner in einer schwierigen Phase

Damit die Sillenbucher Bürger überhaupt wissen, dass es die Gruppe gibt, muss sie sich immer wieder zeigen. Traditionell machen das die Frauen beim Martinimarkt. Vom Sommerfest möchten sie indes künftig eher Abstand nehmen. Zuletzt hätten sie sich zwischen Musikgruppen und Ballons deplatziert gefühlt, sagt Gitte Mann. Der Martinimarkt sei jedoch ein wichtiger Termin, um auf die kulturelle Jahresveranstaltung im Herbst aufmerksam zu machen. Im vergangenen Jahr hat die Gruppe einen Film gezeigt, für dieses Jahr könnte sie sich auch eine ökumenische Gesprächsgruppe mit Kirchenvertretern zum Thema Trauer vorstellen.

Die Stadtteilgruppe will bekannter werden. „Viele Leute wissen zu wenig über die Möglichkeiten“, findet Andrea Bremer. Nach dem Motto „Aus den Augen, aus dem Sinn“ würde das Quartett zwar wahrgenommen, doch wer keinen akuten Bedarf habe, vergesse – oder verdränge – die Begegnung auch schnell wieder. Deswegen ist es den Frauen wichtig, sich immer wieder ins Gedächtnis zu rufen. Im Herbst, so eine Überlegung, würden sie sich gern in einer Sitzung des Bezirksbeirats vorstellen. Auch wenn die Frauen wissen, dass viele Menschen das Thema Tod im Alltag lieber ausblenden, sagen sie: Es geht jeden an. „Wir wollen mit den Leuten ja nicht diskutieren“, betont Andrea Bremer. Das Ziel sei erreicht, wenn sich Menschen aus Sillenbuch in einer schwierigen Lebensphase daran erinnern, dass es Ansprechpartner ganz in ihrer Nähe gibt – und dann den Stadtteil-Flyer aus der Schublade ziehen.

Kontakt
Die Stadtteilgruppe sucht Mitglieder. Infos erhalten Interessenten bei Katrin Gebicke, Telefon 07 11/7 22 35 11 04, Mail an hannakatrin.gebicke@buergerstiftung-stuttgart.de.