Zwei Familiensynoden haben sich mit den Streitthemen Homosexuelle und wieder verheiratete Geschiedene befasst - Fortschritte gab es nur wenige. Welche Schlussfolgerungen wird der Papst nun ziehen? Kritiker sprechen von einer „Nagelprobe“.

Rom - Zweieinhalb Jahre lang hat die katholische Kirche über die Streitthemen Familie und Ehe diskutiert - am Freitag stellt der Vatikan die mit Spannung erwarteten Schlussfolgerungen des Papstes vor. Das fast 200 Seiten lange Dokument mit dem Titel „Amoris Laetitia - über die Liebe in der Familie“ wird am Mittag in Rom veröffentlicht. Dabei geht es unter anderem um den Umgang mit Homosexuellen und wiederverheirateten Geschiedenen. Bischöfe aus aller Welt hatten bei zwei Familiensynoden intensiv darüber diskutiert, sich aber nicht auf grundlegende Reformen geeinigt.

 

Ob das Lehrschreiben des Papstes verbindliche Aussagen beinhalten wird, war unklar. Die Zeitung „Corriere della Sera“ spekulierte im Vorfeld, Franziskus werde vermutlich kein generelles „grünes Licht“ geben, das über die bisher geltenden Regeln hinausgehe oder etwa wiederverheiratete Geschiedene offiziell zur Kommunion zulasse. Jedoch erwarteten Experten in Rom, dass der Papst den Weg zu Einzelfallentscheidungen offen lassen wird.

Wegweisender Schritt

Die Reformbewegung „Wir sind Kirche“ sprach von „einer Nagelprobe für die Reformfähigkeit der gesamten Kirche“. Das Schreiben könne „ein erster, aber hoffentlich wegweisender Schritt sein, die jahrhundertealte Fixierung der katholischen Lehre auf eine rechtlich rigorose Sexualmoral zu verändern“.

Für Franziskus endet mit dem Papier ein bemerkenswerter Weg, den er vor mehr als zwei Jahren mit der Befragung von Laien in aller Welt zu Themen rund um Ehe und Familie begonnen hatte. Erstmalig in der Kirchengeschichte hatten sich dann im Herbst 2014 und 2015 zwei Synoden aufeinander aufbauend mit diesem Thema beschäftigt.

Die Ergebnisse der beiden Treffen fasst Franziskus nun mit seinen eigenen Ansichten in dem Schreiben zusammen. Das Dokument soll fast 200 Seiten umfassen - und ist damit deutlich länger als das Abschlussdokument der Synode 2015. Damals plädierten die Bischöfe für eine vorsichtige Öffnung in strittigen Fragen, machten jedoch kaum konkrete Vorschläge.

Pragmatischer Ansatz

Das Dokument wird im Vatikan unter anderem vom Wiener Erzbischof Christoph Schönborn präsentiert. Ob die Wahl seiner Person auch etwas mit dem Inhalt des Dokuments zu tun habe, sei reine Spekulation, heißt es in Kirchenkreisen. Der 71-Jährige hatte in der Frage der Sakramenten-Disziplin einen eher pragmatischen Ansatz verfolgt.