Nach zehn Jahren Unterbrechung treffen sich die höchsten geistlichen Autoritäten des sunnitischen Islam und der katholischen Kirche im Vatikan.

Rom - Es war ein Gipfeltreffen ohne Tam-Tam, ohne gemeinsame Verlautbarung und mit nur – oder immerhin – einer flüchtigen, gestoppt eine Sekunde dauernden Umarmung am Ende. Trotzdem gilt die Begegnung von Montag Mittag als historisch.

 

Getroffen haben sich die höchsten geistlichen Autoritäten des sunnitischen Islam und der katholischen Kirche, Scheich Ahmad al Tayyib von der Al-Azhar-Moschee in Kairo, und Papst Franziskus. Es war die erste Zusammenkunft der beiden, und es war der erste Besuch eines Groß-Imams vom Rang al Tayyibs im Vatikan.

Gemeinsamer Einsatz der religiösen Autoritäten

„Die Begegnung ist die Nachricht“, sagte denn auch Franziskus zu seinem Gast – sich gleichsam vorab entschuldigend dafür, dass inhaltlich aus dem halbstündigen Gespräch nicht viel zu melden sein würde. Immerhin beschreibt der Vatikan aus seiner Sicht der Dinge die Unterredung als „sehr herzlich”. Das ist im diplomatisch gestanzten Sprachgebrauch so etwas wie die Bestnote.

Unterhalten hätten sich Papst und Scheich, so fährt die vatikanische Pressemitteilung fort, „über den gemeinsamen Einsatz der (religiösen) Autoritäten und der Gläubigen für den Frieden in der Welt, über die Zurückweisung von Gewalt und Terrorismus, sowie über die Lage und den Schutz der Christen inmitten der Konflikte und Spannungen im Nahen Osten.

Al-Azhar, zentral gelegen in der Innenstadt von Kairo ,ist Moschee und Universität zugleich, eine in der sunnitischen Welt allseits respektierte Ausbildungsstätte für tausende von Imamen; der Multiplikatoren-Effekt ist also beträchtlich. Gleichwohl: Außer dem Wort steht dem für einen gemäßigten Islam plädierenden Groß-Imam kein Machtmittel zur Verfügung; auf der anderen Seite verfügt auch der Papst über keine politischen Hilfskräfte.

Kein Missbrauch für terroristische Zwecke

Einig sind sich die beiden darin –al Tayyib hat das früher schon mehrfach betont – dass Religion nicht für gewalttätige und auch nicht für terroristische Zwecke instrumentalisiert werden darf. Wer ihnen darin folgt, das haben sowohl der Papst als auch der Groß-Imam freilich nicht selbst in der Hand. Die Beziehungen zwischen Vatikan und Islam haben unter Benedikt XVI. einen schweren Rückschlag erlitten. Jedenfalls passte es einem Teil der muslimischen Geistlichkeit ganz gut ins politische Geschäft, nach Benedikts „Regensburger Rede“ – wo er einen mittelalterlichen Kaiser mit dem Satz zitiert hatte: „Sage mir, was Mohammed gebracht hat, und du wirst nur Schlechtes finden“ –, die Beziehungen einzufrieren.

Zehn Jahre danach sind durch den „Islamischen Staat“ und die politisch dubiosen Machenschaften Saudi-Arabiens die Sunniten innerhalb ihrer eigenen Religion zunehmend in Bedrängnis geraten; da empfahl es sich für den Rektor von Al-Azhar, die Nähe von Papst Franziskus zu suchen, der auch in muslimischen Kreisen nicht als Ausbund eines politisch interessierten „bösen Westens“ gilt, sondern als integre, glaubwürdige und vor allem als eine spirituell starke Person.

In diesem Sinn setzten auch die ägyptischen Medien, die das Treffen viel prominenter verarbeiteten als die europäischen, große Hoffnungen in den „wieder erwachten katholisch-islamischen Dialog.“