Parkplätze sind ein Reizthema in Stuttgart – umso mehr, seit es auch hier Parklets gibt. Wegen der hitzigen Debatten haben die Initiatoren eine Podiumsdiskussion veranstaltet, zu der jedoch kein echter Parklet-Gegner eingeladen war.

Digital Desk: Sascha Maier (sma)

S-Mitte/S-WestStuttgart - Seit es in Stuttgart Parklets gibt, also Sitzgelegenheiten, die Parkplätze belegen, sind die Spannungen zwischen Fußgängern und Autofahrern wieder mal besonders groß. In sozialen Netzwerken beharken sich die beiden Gruppen heftig. Um für gegenseitiges Verständnis zu werben, haben die Initiatoren der Parklets in Stuttgart an der Uni Stuttgart eine Podiumsdiskussion veranstaltet. Auch wenn nicht alle Diskussionsteilnehmer Parklets restlos befürworteten – ein echter Parklet-Gegner war keiner eingeladen. Auch das Publikum bestand bis auf wenige Ausnahmen überwiegend aus Parklet-Freunden.

 

Heilige Kühe

Hannes Wolf, Quartiersmanager des Gerberviertels, Antje Stokman vom Reallabor für nachhaltige Mobilitätskultur, die Moderatorin Viola Gerlach und der Parklet-Initiator Basil Helfenstein sind allesamt moderne Städter, die öffentlichen Raum nicht unbedingt als Revier der Autofahrer sehen. „Parkplätze dürfen nicht zur heiligen Kuh ernannt werden“, sagt Helfenstein, und die anderen drei nicken. Sie erzählen, wie gut Parklets dem öffentlichen Raum tun und dass sie im urbanen Leben Parkplätze nicht sonderlich wichtig finden.

Mit dem Bezirksvorsteher von Stuttgart-West, Reinhard Möhrle und Stephan Oehler, dem Chef des Verkehrsplanungsamts, gab es zwei weitere Diskussionsteilnehmer, die eine etwas differenziertere Sichtweise vertraten. „Wir vom Bezirksbeirat wären gerne besser in die Planungen des Uniprojekts einbezogen worden“, sagt Möhrle. Oehler findet die Idee „spannend“. Doch ob die elf Parklets, die für zwei Monate an verschiedenen Orten in Stuttgart stehen, als Dauerinstallationen in Frage kommen, will er nicht bejahen.

Einkaufen mit und ohne

Als sich aus dem Publikum dann auch noch Gerhard Wollnitz, der Betreiber des „Kleinen Parkraumwunders“ – eine Art mobiles Parklet, mit dem der Fahrradfreund gerne mal die Theodor-Heuss-Straße ausbremst und sich in einer rechtlichen Grauzone bewegt – zu Wort meldet und referiert, warum parkende Privat-Pkw stark reduziert werden müssten, scheint es fast, als würden die Besucher überhaupt keine kritische Gegenstimme zu hören bekommen und dass die Kritiker im Internet den Kopf eingezogen haben – denn eingeladen worden waren auch sie auf der Facebook-Seite der Parklet-Macher Stuttgart.

Doch dann meldet sich ein Mann aus dem Publikum, der bis jetzt höchstens dadurch aufgefallen war, dass er einen etwas klassischeren Kleidungsstil pflegt als die meisten anderen Anwesenden. Thomas Rudolph, Vorsitzender des Handels- und Gewerbeverein in Stuttgart-Ost, schlägt einen neuen Ton an. „Oberhalb von Gablenberg, wo man nicht parken kann, ist der Einzelhandel tot“, sagt er. Wollnitz widerspricht: Nur neun Prozent der Menschen, die einkaufen, seien mit dem Auto unterwegs, sagten Erhebungen. Rudolph kennt offenbar eine ganz andere Statistik, laut der es 60 Prozent seien.

Geklärt werden konnte das selbstverständlich nicht mehr. Fakt dagegen ist: „Ein Recht auf einen Parkplatz im öffentlichen Raum gibt es eigentlich nicht, selbst wenn man einen Parkausweis besitzt.“ Stephan Oehler vom Verkehrsplanungsamt muss es wissen. Ob Parklets über das studentische Projekt hinaus in Stuttgart Schule machen werden? Rechtlich spricht zumindest nichts dagegen – solange die Geschäfte, vor denen Parklets platziert werden könnten, mitmachen.