Parkour sieht riskant aus und wird deswegen gerne auch in Hollywood-Blockbustern eingesetzt. In Stuttgart ist die Szene in einem Verein organisiert.

Stuttgart - Die Saison der Jonglierer, Trommler, Slackliner und Einradkinder ist endgültig eröffnet seit dem vergangenen Wochenende. Alle raus, raus, raus und irgendwas, irgendwo anstellen. Abgesehen davon, dass sich die Parkour-Szene garantiert auch über Sonne und Wärme freut, scheint sie eine etwas wetterfestere Fraktion zu sein. Auch an kalten, grauen Tagen sieht man sie vereinzelt, wie zum Beispiel gerne am Kleinen Schlossplatz oder an der Uni Vaihingen, in ihren bequemen Jogginghosen (Bewegungsfreiheit und so) von irgendwelchen Stufen springen oder Wände hochkraxlen – oder anders gesagt jene Hinternisse überwinden, die ihnen quasi der Städtebau zur Verfügung stellt.

 

Parkour ist Ende der 1980er Jahre in Frankreich entstanden, längst weltweit verbreitet - und die Parkour-Profis kommen öfters bei Action-Szenen in Hollywood-Blockbustern oder im Tatort zum Einsatz. Die Protagonisten bezeichnen sich selbst als „Traceure“, was so viel bedeutet wie „der den Weg ebnet“.

In Stuttgart sind diese Wegebner im Parkour Stuttgart e.V. organisiert. Man trifft sich zum regelmäßigen Training, gibt Kurse für Neueinsteiger oder wird für Werbeclips gebucht. Stadtkind sprach mit Michael Bernhard von dem Verein über die Sportart, die für Laien mitunter etwas kurios und gefährlich aussieht.

Was genau versteht man unter Parkour?
Michael Bernhard: Kurz gesagt versteht man darunter die Kunst der effizienten Fortbewegung über Hindernisse ohne zusätzliche Hilfsmittel.

Und wie ist die Szene in Stuttgart entstanden?
Aus dem gemeinsamen Interesse, Parkour zu entdecken, bildete sich 2004 eine Gruppe von etwa zehn Traceuren. Als Traceur wird eine Person bezeichnet, die Parkour ausübt. Später kamen mehrere Leute hinzu und 2009 beschlossen motivierte und engagierte Traceure einen gemeinnützigen Verein zu gründen, und zwar Parkour Stuttgart e.V. Die Aufgaben des Vereins sind vielseitig. Zum Beispiel um Anfängern einen Einstieg in das selbstständige Training zu geben oder auch zur Unterstützung der gesamten Community in Stuttgart - um beispielsweise Reisen zu ermöglichen und sich mit anderen Traceuren aus anderen Städten und Ländern auszutauschen.

Von wie vielen lokalen Traceuren kann man derzeit ausgehen?
Im Verein sind derzeit etwa 30 Mitglieder. Aber die Community selbst, das heißt Traceure, welche im Großraum Stuttgart Parkour trainieren, sind weitaus mehr, grob geschätzt 150.

Muss man irgendwelche körperlichen Voraussetzungen mitbringen um mit Parkour anzufangen?
Um mit Parkour zu beginnen gibt es keinerlei speziellen Voraussetzungen. Die körperliche Fitness erreicht man durch das Training selbst. Krafttraining, welches auch draußen stattfindet, ist ein wichtiger Bestandteil um den eigenen Körper auf die Belastungen vorzubereiten. Hinzu kommen unter anderem noch Koordination- und Technikübungen, um beispielsweise eine Mauer zu überwinden.

Für einen Außenstehenden sieht das mitunter ziemlich waghalsig und ab und zu kurz vor Genickbruch aus - wie gefährlich ist Parkour wirklich?
Das Wichtigste ist eine gesunde Selbsteinschätzung. Es gibt den Spruch: Parkour ist so gefährlich, wie man es sich selbst macht. Es geht darum, das Risiko zu minimieren. Hinter allem was man zum Beispiel in Videos sieht steckt ein jahrelanges hartes Training.

Wenn man manche Clips anschaut, bekommt man das Gefühl, dass einige Traceure vor nichts zurückschrecken. Wie entwickelt sich Parkour allgemein weiter? Zählt in der Szene allein das Motto höher, weiter und krasser?
Bei Parkour geht es darum, sich selbst zu verbessern, seine eigenen Grenzen zu entdecken und Hindernisse zu überwinden. Unter diesem Gesichtspunkt kann es für einen persönlich als Herausforderung gesehen werden höher oder weiter zu springen. Wie sich Parkour in der Zukunft entwickelt ist schwer vorauszusagen, aber wir versuchen den ursprünglichen Gedanken und Philosophie von Parkour beizubehalten und es auch so weiterzugeben.

Ihr gehört zwischenzeitlich auch zum Stuttgarter Stadtbild, wie reagieren eigentlich die Passanten auf euch?
Unterschiedlich, meistens jedoch sehr positiv. Und manche fragen interessiert nach, was wir da machen.