Vieles bleibt unklar bei den Morden zweier Männer und einem Raubüberfall – auch die Verbindung der Opfer zueinander.  

Stuttgart - Es gibt nicht viel, an dem die Richter sich festhalten können. Welches Motiv hatte der Angeklagte, wie fand er seine mutmaßlichen Opfer? Seit sechs Wochen läuft vor dem Landgericht der Prozess gegen den Parkplatzmörder, einen frühverrenteten Postbeamten, der zwei bisexuelle Männer erschossen haben soll. Ein Dritter kam als Einziger mit dem Leben davon. Doch viele Fragen bleiben unbeantwortet, zumal Detlef S., der jedem Verhandlungstag mit Fußfesseln und Handschellen folgt, beharrlich schweigt.

 

So müssen sich Kammer, Ankläger und Verteidigung auf Indizien und Zeugen stützen - was schwierig sein kann, wie die Aussage eines Mannes gegenüber der Polizei zeigt, der Detlef S. nach dem Überfall auf einen belgischen Touristen in Freudenstadt verfolgt haben will. Eine bunte Tätowierung habe er am Arm des Täters erkannt, ein Schwert, umwunden von Schlangen. Nur: S. ist dort nicht tätowiert.

Tatvorgang ist klar

Wer gewiss sagen könnte, ob es sich bei dem Angreifer um den Angeklagten handelt, ist der Überfallene selbst. Am 6. Juli wurde er in seinem eigenen, nahe dem Marktplatz geparkten Range Rover attackiert. Aber der Hauptbelastungszeuge aus Belgien ist bisher keiner Ladung gefolgt. Ersatzweise wurde jetzt der Beamte gehört, der denn 62-Jährigen vernommen hat. Demzufolge verbrachte der Belgier mit seiner Frau einen Kurzurlaub in Deutschland. Das Paar saß gerade im Café, als der Mann sein Handy aus dem Auto holen wollte. Just in dem Moment habe der Angreifer die Beifahrertür geöffnet und ihn mit dem Messer bedroht. Offenbar kam der Belgier nur mit dem Leben davon, weil der 120-Kilo-Mann sich nach Kräften wehrte und mit bloßen Händen in die Klinge griff.

Die Verbindung, die die Ermittler zwischen den Taten herstellten, stützt sich auf Indizien: am ersten Tatort in Magstadt bei Böblingen, wo im Mai 2010 der 30-jährige Heiko S. in den Kopf geschossen wurde, fand man die gleiche DNA wie an einer weggeschnippten Kippe am Freudenstädter Marktplatz. Am dritten Tatort, dem als Sextreff bekannten Parkplatz Steingrund an der A5 im hessischen Mörfelden-Waldorf, wurde im Juli 2010 der 70 Jahre alte Witwer Friedrich L. erschossen. An der Leiche, die bis auf Sandalen völlig nackt und mit Erde auf den Genitalien unter einem Ast lag, war keine DNA zu finden. Aber das Projektil im Kopf des Rentners wurde laut BKA aus demselben Lauf abgefeuert wie die Munition, die Heiko S. tötete. "Ich vermute, der Mann war in Erwartung einer sexuellen Handlung. Er hatte sich ausgezogen, der Täter stand hinter ihm. Dann fiel der Schuss", sagt ein Kripobeamter aus.

Ermittler tappten im Dunklen

Gefunden hat die Leiche ein Autofahrer, der zum Urinieren gehalten hatte. Der Bundeswehrsoldat geriet selbst in den Fokus der Ermittler: zwischen ihm und dem getöteten Heiko S., der ebenfalls gedient hatte, wurde fälschlicherweise eine Verbindung vermutet. Es zeigt, wie sehr die Ermittler im Dunklen tappten. Binnen vier Wochen wurden 38.000 Fahrzeuge am Steingrund gesichtet, zwei Unschuldige inhaftiert, ein Internetkontakt des Getöteten bis nach Ungarn verfolgt, Teilnehmer von Kongressen in Frankfurt überprüft - ohne Ergebnis.

Bis heute ist unklar, warum der Rentner, der seiner Tochter erst Tage zuvor seine Homosexualität gestanden hatte, sterben musste. Zuvor hatte er seine kranke Frau jahrelang gepflegt. Die Tochter tritt in dem Prozess als Nebenklägerin auf. Auch sie wird Antworten haben wollen.