Die CDU-Fraktion hat um die verbleibenden Posten gerangelt. Den Schönsten, nämlich den des Landtagspräsidenten, erhält Willi Stächele.

Stuttgart - Glücklicher Helmut Rüeck. Der bisherige Schatzmeister der CDU-Landtagsfraktion ist am Dienstag der erste der 60 CDU-Parlamentarier im neuen Landtag gewesen, der im Laufe eines langen, anstrengenden Tages aufatmen konnte. Denn der Abgeordnete aus Crailsheim wurde bereits am Anfang einer langen Kaskade von Kandidaturen in seinem Amt bestätigt. Rüeck bleibt Schatzmeister der Fraktion und gehört damit weiterhin deren Vorstand an. Das sichert Einfluss und einen ordentlichen Zuschlag auf die Abgeordnetendiät.

 

Im dritten Stock des Haus der Abgeordneten herrschte Hochspannung. Schließlich wurden bei der Wahl des Fraktionsvorstands - der Fraktionschef Peter Hauk war bereits unmittelbar nach der Landtagswahl in seinem Amt bestätigt worden - einige der wenigen einigermaßen lukrativen Posten vergeben, über welche die CDU nach dem Absturz in die Opposition noch verfügen kann. "Sie fragen, wer kandidiert?", sagte ein Abgeordneter, der gerade aus dem Fraktionssaal rannte. "Fragen Sie lieber, wer nicht kandidiert."

Stächele gewinnt Wahlmarathon

Zum Held des Tages aber avancierte Willi Stächele, der scheidende Finanzminister und CDU-Bezirksvorsitzender in Südbaden. Er avanciert zum neuen Landtagspräsidenten. Nach einem wahren Wahlmarathon setzte sich der 59-Jährige gegen den bisherigen Kunststaatssekretär und stellvertretenden CDU-Landesvorsitzenden Dietrich Birk durch. "Ich bin stolz über das Vertrauen der Fraktion", sagte Stächele. Als Parlamentspräsident werde er sich bemühen, "das Band zwischen Politik und Bevölkerung immer wieder neu zu knüpfen". Allerdings sei er immer noch Kandidat und müsse erst im Landtag gewählt werden.

Dem steht indes wenig entgegen. Dass Stächele bei der konstituierenden Sitzung des Landtags am 11. Mai zum neuen Parlamentspräsidenten gewählt wird, ist so gut wie sicher. Als stärkster Fraktion steht der CDU das Vorschlagsrecht für dieses Amt zu. Dies entspricht dem demokratischen Herkommen. Dennoch würdige CDU-Fraktionschef Hauk ausdrücklich, dass die neue grün-rote Mehrheit bereits signalisiert habe, einen von der CDU gestellten Parlamentspräsidenten mitzutragen. 

Stächele wird neuer Landtagspräsident

Insgesamt hatten sich fünf Bewerber für diesen Posten gemeldet, darunter vier scheidende Regierungsmitglieder. Neben Stächele waren das Innenminister Heribert Rech, der Berliner Bevollmächtigte Wolfgang Reinhart sowie Dietrich Birk. Außerdem kandidierte der Abgeordnete Wilfried Klenk, der jedoch schnell aus dem Rennen schied. Bei dem großen Andrang erwies es sich als hilfreich, dass sich Amtsinhaber Peter Straub nach 15 Jahren in den Ruhestand verabschiedete.

Stächele gilt in der CDU als begnadeter Strippenzieher mit breiter politischer Erfahrung. Er vertrat schon unter dem früheren Ministerpräsidenten Erwin Teufel die Landesregierung als Bevollmächtigter in Berlin. 2001 stieg er zum Agrarminister auf, 2005 wechselte er unter Günther Oettinger als Minister des Staatsministeriums und für europäische Angelegenheiten in die Stuttgarter Regierungszentrale, ehe er 2008 zum Finanzminister ernannt wurde.

Keine politische Geltungsmacht

Das Amt des Landtagspräsidenten hat eher repräsentativen Charakter. Eine politische Gestaltungsmacht kommt dem Parlamentschef nicht zu. Selbst in seinem ureigenen Aufgabenbereich, der Selbstverwaltung des Landtags, sind seine Möglichkeiten beschränkt. Das haben zuletzt die Diskussionen über einen Landtagsneubau und über die Parlamentsreform gezeigt. Denn im Präsidium des Landtags führen die Fraktionsvorsitzenden das große Wort.

Sie sind es letztlich, welche die Mehrheiten herstellen und damit am Ende den Ausschlag geben. Der Landtagspräsident nimmt eine moderierende Stellung ein, wobei es ganz entscheidend darauf ankommt, wie es um sein Ansehen im Parlament bestellt ist. So ist zum Beispiel der scheidende Landtagspräsident Peter Straub mit seinen Bemühungen um eine Verkleinerung des Parlaments, die er über eine Verringerung der Zahl der 70 Wahlkreise zu erreichen suchte, am Widerstand der Fraktionen gescheitert - auch seiner eigenen.

Die Personalie Stächele erstreckte sich bis in den Abend hinein. Am späten Nachmittag wussten die Bewerber für den Fraktionsvorstand, woran sie waren. Neben Schatzmeister Rüeck wurden Volker Schebesta (Wahlkreis Offenburg), Winfried Mack (Aalen), Friedlinde Gurr-Hirsch (Eppingen) und Karl-Wilhelm Röhm (Hechingen-Münsingen) zu stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden gewählt. Schebesta übernimmt zugleich die Aufgabe des parlamentarischen Geschäftsführers. Stefan Scheffold, der scheidende Finanzstaatssekretär, verfehlte den Einzug in den Fraktionsvorstand. Klaus Herrmann aus Ludwigsburg wurde nicht wiedergewählt.

Landtagspräsident: Das schönste Amt im ganzen Land

Funktion
Protokollarisch kommt der Parlamentspräsident gleich hinter dem Ministerpräsidenten, der ja auch der Staatschef seines jeweiligen Bundeslandes ist. Der Landtagspräsident ist der Repräsentant der ersten und vornehmsten Gewalt – der gesetzgebenden Versammlung. Der Posten des Parlamentschefs steht der stärksten Fraktion zu. Das ist seit Bestehen des Landes die CDU. Gewählt wird der neue Landtagspräsident am 11. Mai.

Aufgaben
Der Parlamentspräsident leitet die Landtagssitzungen, ist Herr der Landtagsverwaltung und vertritt das Parlament nach außen. Nach bisherigem Herkommen tritt er vor allem als repräsentative Figur in Erscheinung. Gelegentlich ist er aber auch als Verteidiger der Parlamentsrechte gegenüber der Regierung gefordert. Verfügt er über Ansehen und geistige Gaben, kann er auch über kluge Reden einen gewissen Einfluss ausüben.

Ausstattung
Der Parlamentspräsident verfügt über einen eigenen Apparat mit Fahrer, Sekretärin und Redenschreiber. Sein Gehalt liegt bei 14.500 Euro, entspricht also – obwohl er deutlich weniger zu tun hat – dem Niveau eines Ministers, der zugleich auch Abgeordneter ist. Das wird damit begründet, dass das Parlament „auf Augenhöhe mit der Regierung“ bleiben müsse. Der Landtagspräsident hat bis jetzt zwei Stellvertreter.