Vielen, vor allem über 40-jährige Singles, gefallen gängige Kennenlernveranstaltungen wie Speed-Dating und Disconächte, nicht. Für sie hat ein Unternehmer aus Weil der Stadt ein neues Angebot – Slow Dating mit dem Bus.

Nachrichtenzentrale : Lukas Jenkner (loj)

Stuttgart - Was soll das sein: eine Kaffeefahrt für Sitzengebliebene?“ Journalisten schreiben nicht nur gelegentlich mit spitzer Feder, sondern sprechen auch einmal mit scharfer Zunge, und was der Kollege zu mir sagt, als wir gemeinsam Eric Richters E-Mail lesen, ist natürlich garstig. Eine eintägige Busreise an den Bodensee für Singles im Alter von 40 bis 59 Jahren mit einem Mittagessen am See und anschließendem Flanieren preist Richter an. Auf der Hinfahrt würden alle 15 Minuten die Plätze gewechselt, erläutert er kurz darauf am Telefon das Konzept. So lernen sich alle kennen, und am Ende der Hinfahrt werden erste Sympathiepunkte vergeben. Gibt es Übereinstimmungen, bekommen die jeweiligen Damen und Herren auf der Rückfahrt Gelegenheit, sich länger zu unterhalten. Wenn sie es am Ende immer noch wünschen, vermittelt Eric Richter gegenseitig die E-Mail-Adressen.

 

„Slow Dating“ nennt er sein Konzept. Für Menschen von einem bestimmten Alter an seien Speed Dating oder Smartphone-Apps wie Tinder, in denen unpassende Singles wie nervige Massenmails gleich zur Seite gewischt werden, gar nichts. „Richtige Urlaubsreisen wiederum sind zu lang und zu teuer“, sagt Richter. Er wolle mit seinem Angebot eine Lücke schließen. Eine kurze Recherche im Internet zeigt: Diese Lücke scheint es tatsächlich zu geben.

Gefüllte Sektkelche hinter dem tuckernden Bus

Und so stehen wir an diesem Sonntagmorgen beim Fernbusbahnhof am Stuttgarter Flughafen. Hinter dem gecharterten Reisebus, der vor sich hintuckert, hat Richter mit seiner Frau Tülin einen kleinen Klapptisch aufgestellt, auf dem gefüllte Sektkelche stehen. Für die Fahrt hat er fünf Liter Kaffee in großen Pumpkannen in den Bus geschleppt, außerdem Wein in Gläsern, mit Alufolie verschlossen. Richter hat offenbar nicht weniger Herzklopfen als die kleine Schar von Menschen, die etwas verloren am Rande und im Schatten steht, während grüne Fernbusse die Szenerie durchkreuzen.

Richter ist ein Unternehmer im Wortsinne. Er versucht ständig, Dinge zum Laufen zu bringen. „Ich habe schon alles Mögliche gemacht“, sagt er. Hauptsächlich ist er für eine Modeschmuck-Firma Verkaufsleiter in Süddeutschland, eine Tätigkeit, die ihm genügend Zeit lässt, neue Geschäftsideen auszuprobieren, wie er es formuliert. Im August möchte er in Heimsheim einen Förderverein für Livemusik gründen. Außerdem betreibt er eine Gemeinschaft für Urlaubsfotos im Internet.