Die Bürokraten aus Berlin haben ein Einsehen und lassen endlich gesunden Menschenverstand walten, meint der StZ-Lokalchef Holger Gayer. Das Ergebnis: die Paternoster dürfen bald wieder fahren.

Chefredaktion : Holger Gayer (hog)

Stuttgart - Wer hätte das gedacht? Kaum zwei Wochen nachdem sich ein Kübel voller Häme und Entrüstung über das Bundesarbeitsministerium in Berlin ergossen hat, reagieren die Beamten aus dem Hause Nahles. Offenbar haben sich Bund und Länder darauf geeinigt, dass künftig wieder jeder Paternoster fahren darf, wenn der Betreiber des altehrwürdigen Aufzugs die Gefährdung der Passagiere vermeidet. Wenn auch die Politiker im Kabinett Merkel und im Bundesrat zustimmen, dann wird alsbald der gesunde Menschenverstand über eine Vorschrift aus Schilda obsiegt haben. Es geschehen noch Zeichen und Wunder.

 

Denn tatsächlich war die ebenso sinnlose wie ärgerliche Vorschrift ein Beispiel für die oft beklagte Ferne der Bürokraten vom wirklichen Leben. Gleichzeitig war sie aber auch Ausfluss eines Phänomens, das um sich greift: Immer mehr Menschen wollen sich gegen alles und jedes versichern oder drohen schon beim kleinsten Unfall, den vermeintlich Verantwortlichen zu verklagen. Dass die Gelassenheit dabei verloren geht, ist nur eine Folge dieser Vollkaskomentalität. Die andere ist in dieser vermaledeiten Betriebssicherheitsverordnung vom 1. Juni 2015 zu besichtigen: Dort haben die Beamten versucht, jede Eventualität, die sich irgendwann aus irgendeinem Grund ergeben kann, zu regeln. Herausgekommen ist ein Papier, das alle Handelnden so straff fesselt, dass keine Bewegung mehr möglich ist. Dabei – und Verzeihung für diese Phrase – gilt immer noch die Maxime: Das Leben ist lebensgefährlich.