Wie der Nachrichtensender n-tv berichtet, hält Innenminister Thomas de Maizière ein Verbot von Pegida derzeit nicht für möglich. Zehntausende hatten am Montagabend für und gegen Pegida demonstriert.

Dresden - Innenminister Thomas de Maizière (CDU) warf Pegida eine „Sprache des Hasses“ vor. Ein Verbot sei derzeit aber nicht möglich. „Wenn man so etwas verbieten will, dann muss das vor Gericht Bestand haben - das ist jetzt nicht der Fall“, sagte er dem Fernsehsender n-tv.

 

Zum Jahrestag der fremdenfeindlichen Pegida-Bewegung hatten sich am Montagabend in Dresden Zehntausende Anhänger und Gegendemonstranten gegenüber gestanden. Die angespannte Situation entlud sich in Rangeleien. Es flogen Böller, ein Mann ist schwer verletzt worden.

Der Vorfall ereignete sich nach den Worten eines Polizeisprechers, als die Beamten am Montagabend versuchten, beide Lager in der Altstadt zu trennen. Die Polizei konnte zunächst keine Angaben zu Art oder Schwere der Verletzung machen. Laut einem Bericht der „Sächsischen Zeitung“ handelte es sich um einen Pegida-Anhänger, der mit einer Eisenstange getroffen wurde. Ein Polizeisprecher schloss diese Version später aus. Allerdings wurde bekannt, dass der Mann auf dem Weg zur Kundgebung der islamfeindlichen Bewegung am Theaterplatz angegriffen worden ist.

Nach der Kundgebung ist es zu Ausschreitungen gekommen. Die Lager der Pegida-Anhänger und der linken Gegner stünden sich an verschiedenen Punkten in der Stadt gegenüber, sagte ein Polizeisprecher am Montagabend. „Es ist viel Bewegung drin.“

Nach unbestätigten Berichten der „Sächsischen Zeitung“ kam es zu Ausschreitungen von Hooligans und Angriffen von Neonazis. Wie der Sprecher der Polizei bestätigte, waren zuvor Polizisten mehrfach gezielt angegriffen worden. Unter den Beamten habe es keine Verletzten gegeben.

Rund 30 000 Menschen auf der Straße

Am Theaterplatz feierten nach Schätzungen der Gruppe „Durchgezählt“ rund 15 000 bis 20 000 „Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ den ersten Jahrestag ihres Entstehens. Der Pegida-Gründer Lutz Bachmann und rechtspopulistische Politiker aus europäischen Ländern machten in Redebeiträgen Stimmung gegen den Zuzug von Flüchtlingen.

Laut „Spiegel Online“ war Autor Akif Pirinçci einer der Hauptredner auf der Demonstration. Er berichtete den Pegida-Anhängern von einer Veranstaltung in Hessen, auf der ein CDU-Politiker Asylgegnern vorgeschlagen hatte, Deutschland zu verlassen. „Offenkundig scheint man bei der Macht die Angst und den Respekt vor dem eigenen Volk so restlos abgelegt zu haben, dass man ihm schulterzuckend die Ausreise empfehlen kann, wenn es gefälligst nicht pariert“, so Pirinçci. „Es gäbe natürlich auch andere Alternativen, aber die KZs sind ja leider derzeit außer Betrieb.“ Pirinçci erntete Beifall im Publikum.

An vier Gegendemonstrationen, die aus verschiedenen Richtungen sternförmig in die Altstadt zogen, nahmen demnach mindestens 14 000 Menschen teil. Es habe mehrere Angriffe von Gegendemonstranten auf Polizeibeamte gegeben, sagte der Sprecher. Daraufhin hätten die Polizisten Pfefferspray eingesetzt. Am Schlossplatz hätten sich beide Lager gegenseitig mit Gegenständen beworfen, Pyrotechnik gezündet und versucht, zueinander durchzudringen. Das habe die Polizei verhindert.

Wie dpa-Reporter berichteten, war der Gegenprotest gegen Pegida deutlich größer, als erwartet worden war. Unter dem Motto „Herz statt Hetze“ hatte ein breites Bündnis dazu aufgerufen, sich dem Fremdenhass entgegenzustellen. Mindestens 14 000 Gegendemonstranten zogen nach Schätzungen von „Durchgezählt“ aus verschiedenen Richtungen sternförmig in die Altstadt.

Polizei im Großeinsatz

Allein bei einem Demonstrationszug, der von der Technischen Universität startete, waren nach Veranstalterangaben mehr als 5000 Menschen versammelt. Ein dpa-Reporter schätzte, dass sich vom Neustädter Bahnhof ein Zug mit rund 7800 Gegendemonstranten auf den Weg machte. Darunter befanden sich viele Familien mit Kindern. An der Kathedrale in der Altstadt begegneten sich Pegida-Anhänger und Gegendemonstranten auf Sicht- und Hörweite. Es flogen Böller.

Die sächsische Polizei war nach den Worten von Innenminister Markus Ulbig (CDU) auf einen Großeinsatz vorbereitet. „Wir sind mit mehr als 1000 Beamten im Einsatz, wir haben die Hilfe von sechs Bundesländern und der Bundespolizei“, sagte Ulbig.

Die sächsische Staatsregierung hatte alle Demonstrationsteilnehmer zu Gewaltlosigkeit aufgerufen. Mehrere Mitglieder der Regierung beteiligten sich an den Gegenprotesten.

Semperoper löscht das Licht

Die Semperoper empfing das Pegida-Bündnis mit einer elektronischen Leinwand. Im Wechsel hieß es dort: „Wir sind kein Bühnenbild für Fremdenhass“ und „Wir sind keine Kulisse für Intoleranz“. Viele Mitarbeiter des Opernhauses reihten sich beim Anti-Pegida-Protest ein. Die Semperoper wollte am Abend - wie auch andere Dresdner Kultureinrichtungen - das Licht löschen, um Pegida im Dunkeln stehen zu lassen. Außerdem sollen an der Semperoper auf der Leinwand Texte für ein weltoffenes Dresden zu lesen sein.

Grünen-Chefin Simone Peter rief bei einer Kundgebung auf dem Altmarkt dazu auf, die Flüchtlinge in Deutschland als Bereicherung zu sehen. „Wir wollen ein weltoffenes Deutschland“, sagte sie. Ein Vertreter der Gruppe „Chemnitz Nazifrei“ erklärte: „Pegida lässt auch andere rechte und rechtsextreme Gruppen erstarken.“ Die Situation für Flüchtlinge und ihre Unterstützer werde immer gefährlicher. Zuvor hatten Politiker über Parteigrenzen hinweg vor Hass in der Asyldebatte gewarnt.

Pegida macht vor allem Front gegen den Zuzug von Asylbewerbern und fordert etwa „Massen-Abschiebungen“.