Die meisten Peru-Besucher reisen zu den Unesco-Welterbestätten. Mitten in der Amazonas-Region im Norden des Landes ist hingegen Kuelap noch immer ein Geheimtipp.

Kuelap - Den aus Dunningen in Baden-Württemberg stammenden Andreas Haag hat es vor 15 Jahren als Entwicklungshelfer nach Chachapoyas, der Hauptstadt der Amazonas-Region im Norden Perus, verschlagen. Eines Tages nahm ihn ein Bekannter mit auf eine Tour, die er nicht vergessen sollte. „Von Chachapoyas ging es ins Utcubamba-Tal bis nach Tingo“, erinnert sich Andreas Haag heute. „Von dort galt es noch über 1000 Höhenmeter zu überwinden, eine Trekkingtour von etwa fünf Stunden, wenn man gut zu Fuß ist.“

 

Was Andreas dann auf etwa 3000 Höhenmetern zu sehen bekam, verschlug ihm die Sprache: Eine 600 mal 110 Meter große, festungsähnliche Anlage, umgeben von bis zu 19 Meter hohen und 1,5 Kilometer langen Steinwänden - von den Einheimischen Kuelap genannt. Gemeinsam mit Andreas Haag geht es nun an einem sonnigen Morgen per Kleinbus auf einer inzwischen ausgebauten Schotterstraße in Richtung Kuelap. Terrassenförmige Mais- und Kartoffelfelder bedecken die steilen Berghänge der östlichen Kordilleren, deren 3000 Meter hohe Gebirgskämme von tiefen Schluchten zerschnitten sind. Manchmal sind Bohnen und Lúcuma-Früchte auszumachen.

Chachapoyas - die Wolkenmenschen

„Dem Berliner Archäologen Klaus Koschmieder zufolge baute man genau diese Pflanzen schon vor 1000 Jahren an“, bemerkt Andreas während der Fahrt. „Damals lebten hier die noch immer von Mystik umwobenen Chachapoyas: hellhäutige, große Menschen, die von den Inkas auch Wolkenmenschen genannt wurden.“ An einem Parkplatz mit einem kleinen Museum hat die Fahrt ein Ende. Von hier aus führt ein etwa halbstündiger Fußweg weiter bergauf, bis man auf eine gewaltige, fast 20 Meter hohe Mauer trifft, die jedem Festungsbauer zur Ehre gereichen würde. Anders als die Inka benutzten die Wolkenmenschen eine Art Mörtel, um die Steine fest aneinanderzubinden. Parallel zur Mauer zieht sich der Wanderweg bis zu einem schmalen Eingang, dessen enge Treppenschlucht im oberen Teil nur jeweils eine einzelne Person passieren kann.

Einige Hundert Meter weiter gibt es einen zweiten, ähnlichen Zugang, der heute als offizieller Besuchereingang dient. Wenige Touristen sind neben einer Gruppe von Studenten auf den oberen Plattformen der Anlage anzutreffen, die von den Wolkenmenschen in Etappen vom fünften bis zum 15. Jahrhundert errichtet wurde. „Leider bieten nur einzelne Reiseveranstalter dieses tolle Ziel in ihren Peru-Rundreisen an“, bedauert Andreas Haag. „Jährlich besuchen vielleicht 25 000 Leute die Anlage, in Machu Picchu dagegen wird diese Zahl innerhalb von zehn Tagen erreicht.“ Ähnlich wie Machu Picchu am anderen Ende Perus liegt auch Kuelap auf einem langgezogenen Bergrücken. Es umfasste einst etwa 400 Gebäude und bot Platz für bis zu 23 000 Bewohner. Erst 1843 entdeckte man die Zitadelle wieder, und seit 2004 wird sie nach und nach wissenschaftlich erschlossen.

Die Natur hatte Jahrhunderte Zeit, um den bebauten Bergrücken zurückzuerobern. Hohe Bäume mit weit ausgestreckten Ästen voller Bromelien und wilder Orchideen bilden ein mystisches Ambiente, in dem die kleinen Rundbautenruinen der Chachapoyas teilweise einen recht verlorenen Eindruck hinterlassen. Mit etwas Fantasie könnte man sich hier die Location für den nächsten „Indiana Jones“-Film vorstellen. Am Wachturm La Atalaya im Norden erhält man einen ersten Eindruck von den Ausmaßen der Anlage. „Der deutsche Anthropologe Peter Lerche, der seit 1983 in Chachapoyas lebt, fand bei seinen Erkundungen heraus, dass die Wolkenmenschen in Häuptlingstümern organisiert waren, die sich bei Gefahr von außen zusammenschlossen und die Zitadelle gemeinsam nutzten“, klärt Andreas auf.

Noch liegen die Schätze nicht auf den Touristenwegen

Auf dem Weg in den südlichen Teil passiert man religiöse und administrative Bauten, Zeremonieplätze, Wohngebäude, in denen einst Bauarbeiter, Handwerker und Bauern wohnten, sowie etliche Speicher. Der architektonisch außergewöhnliche Haupttempel El Tintero hat die Form eines sich nach unten verjüngenden Kegels, in dessen flaschenförmiger Grube im Inneren man auf Samen, Tier- und Menschenknochen, Obsidian und Keramikgefäße stieß - ein Hinweis auf zeremonielle Zwecke. Aber war es auch ein Opferplatz oder lediglich die Grabstätte für die Elite? Eine der vielen Fragen, die - wie auch die genaue Herkunft der Chachapoyas - noch ungeklärt sind.

Vom El Castillo im Süden öffnet sich ein majestätischer Blick auf die von tiefen Tälern zergliederte Berglandschaft. Andreas deutet auf das nicht enden wollende Grün: „Dort warten überall noch viele verborgene Siedlungsreste der Chachapoyas auf ihre Wiederentdeckung. Wenige Kilometer von Kuelap entfernt sind die Ruinen von Macro oder die Skulpturen von Karajia zu besichtigen, 30 Fahrminuten weiter ergießt sich der drittgrößte Wasserfall der Erde in Gocta in die Tiefe. Noch liegen all diese Schätze nicht auf den hochfrequentierten Touristenwegen - ein seltener Glücksumstand für abenteuerlustige Urlauber.“

So wird das Wetter für die Weltreise

Infos zu Peru

Anreise
Zum Beispiel mit LAN von Frankfurt über Madrid und Lima nach Tarapoto, ab 1020 Euro, von dort mit dem Leihwagen oder Bus bis Chachapoyas, www.lan.com .

Unterkunft
Chachapoyas: z. B. das ruhig gelegene Casa Vieja, Jr. Chincha Alta 569, Chachapoyas, www.casaviejaperu.com ;

Cocachimba: Mit herrlichem Blick auf den dritthöchsten Wasserfall der Erde: Gocta Andes Lodge, www.goctalodge.com

Veranstalter: Viventura, Kottbusser Damm 103a, 10967 Berlin, Tel. 030 / 61 67 55 80, www.viventura.de .

Allgemeine Informationen
Deutsche Staatsbürger können sich bis zu 183 Tage mit einem Touristenvisum in Peru aufhalten, das bei Einreise erteilt wird. Voraussetzung sind ein noch mindestens sechs Monate gültiger Reisepass und ein Rück- oder Weiterflugticket. Barabhebungen von Nuevos Soles (Landeswährung) und US-Dollar sind oft nur in größeren Städten möglich. www.peru.travel/de

Hilfreicher Online-Reiseführer: www.limatraveller.info/

Was Sie tun und lassen sollten
Auf jeden Fall eine Gewöhnungsphase an die dünne Luft und die teils extremen Höhenunterschiede einplanen. Letztere bewältigt der Körper oft besser nach einem Glas Coca-Tee. Für die Wanderung zum Gocta-Wasserfall sollte man feste Wanderschuhe und Wanderstöcke einpacken. Ist man mit seinem Guide besonders zufrieden, so lässt sich dies neben einem Trinkgeld auch durch eine Umarmung zum Abschied ausdrücken. Auch duzt man sich in Peru eher als in Deutschland.

Vor dem Fotografieren von Einheimischen sollte man diese stets freundlich um Erlaubnis bitten. Auf keinen Fall Sonnencreme vergessen: Auf 3000 Höhenmetern ist Sonnenschutz unentbehrlich.