Bereits Anfang der Siebzigerjahre gab es ein Bewußtsein darüber, dass die Zukunft einer vernetzten Welt vom Vertrauen in die Privatsphäre und die Sicherheit des Netzes abhängt – ehe das Netz, wie wir es heute kennen, überhaupt existierte.

 

Stuttgart - Hier geht es in Zukunft um die Zukunft. Das StZ-Hausorakel Peter Glaser befragt einmal die Woche die Kristallkugel nach dem, was morgen oder übermorgen sein wird – und manchmal auch nach der Zukunft von gestern. Dazu als Bonus: der Tweet der Woche!

 

In der Folge der NSA-Abhöraffäre ist das Vertrauen in das Internet auf einem historischen Tiefstand angelangt. Bereits Anfang der Siebzigerjahre gab es ein Bewußtsein darüber, dass die Zukunft einer vernetzten Welt vom Vertrauen in die Privatsphäre und die Sicherheit des Netzes abhängt – ehe das Netz wie wir es heute kennen überhaupt existierte.

1973 veröffentliche die US-Tageszeitung Christian Science Monitor (CSM) einen Artikel, der anschließend in weiteren US-Zeitungen weitere Verbreitung fand, und der einen Blick auf das Zukunftspotenzial eines neuen Computernetzwerks namens Arpanet warf. Das von der US-Regierung betriebene Arpanet war der Vorläufer unseres modernen Internets. (1973 war das Netz offiziell nur für Forscher und Behörden zugänglich, woran sich bis zur Privatisierung der Hauptstränge des Netzes in den späten Achziger-und frühen Neunzigerjahren kaum etwas änderte). 

Ein neues Netz

Der Artikel zeichnete das Bild einer Zukunft mit Online-Banking, High-Tech-Bibliotheken und weltweiter Kommunikation – und dass derlei Aktivitäten kläglich scheitern würden, wenn die Menschen nicht darauf vertrauen könnten, dass die Privatsphäre gewahrt bliebe:

„Ein neu entwickeltes Computer-Kommunikationsnetzwerk könnte die Zukunft revolutionieren, sagen Experten. Ein gewöhnlicher Durchschnittsbürger könnte damit einen Computer anrufen, der ihm Hilfestellungen geben oder ihm Geld von seinem Bankkonto überweisen kann. Das System könnte zudem dabei helfen, die Handelsbilanz der Vereinigten Staaten auszugleichen, indem es einen internationalen Markt für US-Knowhow eröffnet.

Sobald größere kommerzielle Netze aufgebaut werden, könnten die Computer-Betriebskosten um zwei Drittel verringert werden, sagt Dr. Lawrence Roberts von der Advanced Research Projects Agency (ARPA) des Verteidigungsministeriums. Das System, das von der ARPA entwickelt wurde und deshalb „Arpanet“ heißt, soll es möglichst vielen Menschen ermöglichen, effizient und auf neue Weise die Leistungsfähigkeit der größten miteinander verbundenen Computer des Landes zu nutzen.

Viele Menschen sind besorgt über die Bedrohung, die diese Systeme für die Sicherheit und die Privatsphäre des Einzelnen darstellen. Aber diejenigen, die mit dem Arpanet arbeiten, sind der Ansicht, dass diese Probleme gelöst werden können und die Lösungen nicht besonders teuer sein müssen, wenn sie von Anfang an mit berücksichtigt werden.

In fünf Jahren könnten Banken so miteinander vernetzt sein, dass eine Privatperson in der Lage sein sollte, von überall auf der Welt auf ihr Bankkonto zuzugreifen. Die Ausleihsysteme zwischen Bibliotheken könnten massiv erweitert werden. Berge von Papierarbeit könnten digital gespeichert und durch Computer übermittelt werden. „Die Zukunft der USA gründet nicht mehr in Stahl und Hardware, sondern in Ideen", so Dr. Roberts. „In den letzten zehn Monaten hat sich der Datenverkehr in dem Netz verzehnfacht.“

Die große Vertrauenskrise

Eine der größten Herausforderungen für E-Commerce und die Kommerzialisierung des Internets in den Neunzigerjahren war der Mangel an Vertrauen. Aber es war eine andere Art von Vertrauen, als jenes, an das wir heute heute in der Post-Snowden-Welt denken. Der Durchschnittsbürger entdeckte in den Neunzigern, dass dieses neue Netz ein enormes Potenzial hat. Aber wie konnte man diesem Internet seine Kreditkartennummer anvertrauen? Wie konnte man wissen, dass die Menschen, mit denen man über das Netz in Kontakt kam, auch die waren, die sie zu sein vorgaben?

Es dauerte Jahre, bis in die erste Dekade des 21. Jahrhunderts, um diese Art von Vertrauen zu etablieren. Heute überlegt niemand mehr lange, wenn er etwas online kauft. Die Nutzer haben auch damit begonnen, Cloud-Services ihre privaten Daten anzuvertrauen. Aber jetzt erodiert dieses Vertrauen wieder. Die Menschen fangen an, ihr Online-Verhalten zu verändern. Vertrauen aber ist unerlässlich für die Zukunft des Internets, so wie es das auch schon 1973 war. Wir waren gewarnt.

Und hier noch wie immer der Tweet der Woche: