Mit dem Geld ist es gar nicht so einfach im Internet: Die Pioniere der digitalen Transaktionsmethode sind pleite, die Bankhäuser mauern. Und dann kostet die neue, digitale Art von Geld auch noch Geld.

Stuttgart - Hier geht es in Zukunft um die Zukunft. Das StZ-Hausorakel Peter Glaser befragt einmal die Woche die Kristallkugel nach dem, was morgen oder übermorgen sein wird – und manchmal auch nach der Zukunft von gestern. Dazu als Bonus: der Tweet der Woche!

 

Als Anfang der Neunzigerjahre der Siegeszug des Internet begann, wollten ein paar Leute das Geld für die digitale Welt neu erfinden.

Der Verschlüsselungsspezialist David Chaum etwa gründete die Firma DigiCash, die „eCash“ entwickelte, mit dem sich digitales Kleingeld sicher auf Festplatten speichern und anonym austauschen ließ. Einige Banken, darunter die Deutsche Bank und Credit Suisse, probierten eCash aus. Aber sie wollten nicht vorpreschen, sondern nur sicherstellen, dass sie nicht den technischen Anschluss verpassten; Banken sind konservativ (oder waren es damals zumindest). Auch die Konsumenten waren zufrieden mit dem Stand der Dinge. Der Markt für digitales Geld stagnierte. 1998 musste DigiCash Konkurs anmelden.

Auch die Kreditkartenfirmen blieben nicht tatenlos. Sie entwickelten für elektronische Zahlungen das Secure Electronic Transaction-Protokoll (SET), das seinerseits hohe Sicherheitsstandards wie Verschlüsselung und digitale Zertifikate beinhaltete. Aber SET stand vor dem selben Problem wie die Erfinder von Cybergeld: Die Nutzer waren nicht interessiert. Auch die Komplexität des Verfahrens - der Standard umfasst mehr als 900 Seiten - erleichterte die Verbreitung nicht gerade.

Pleite mit digitalem Geld

Die Bequemlichkeit einer ungesicherten Transaktion wiegt offenbar ein gewisses Risiko auf. Seine Kreditkartennummer auf einem Computer ins Internet einzutippen scheint für die meisten nicht viel riskanter zu sein, als die Kreditkarte einem Kellner in einem Restaurant zu geben, der damit in ein Nebenzimmer verschwindet.

Anderen E-Geld-Pionieren erging es nicht viel besser. Die 1994 gegründete Firma CyberCash brachte eine „elektronische Brieftasche“ und „CyberCoins“ auf den Markt. Als sie 1996 an die Börse ging, schoss der Aktienkurs am ersten Handelstag um 79 Prozent in die Höhe. Am 1. Januar 2000 fiel die Software des Unternehmens dem Jahr-2000-Problem zum Opfer und produzierte ein Riesendurcheinander. Kurz darauf behauptete ein jugendlicher, russischer Hacker, er habe CyberCash gehackt, was die Firma dementierte. Im März 2001 musste CyberCash Konkurs anmelden.

Die verwertbaren Teile des Unternehmens gingen an den Internetprovider VeriSign, der sie 2005 an einen elektronischen Geldverteiler der neuen Generation verkaufte: das Ebay-Tochterunternehmen PayPal. Nach eigenen Angaben führt PayPal derzeit etwa 210 Millionen Konten in 190 Nationen. Auch die Deutsche Telekom betreibt ein erfolgreiches Zahlungssystem namens „KlickandBuy“, das für 14 Millionen Kunden in mehr als 120 Währungen Geld transferiert.

Unmerklich bezahlen

Immer neue, teils radikale Ideen zeigen, dass die Welt des Gelds im Netz nach wie vor äußerst dynamisch ist. Star unter den Neulingen ist Bitcoin, eine experimentelle Form von Netzgeld, das die einen für ein Pyramidenspiel halten und andere für die größte Erfindung seit dem Internet. Das dezentral im Netz erzeugte Geld kommt ohne den Rückhalt einer Zentralbank aus, einige Banker halten es deshalb für nicht längerfristig lebensfähig. Andere sehen gerade darin das faszinierende Neue.

Die klassischen Banken sehen sich zunehmend durch branchenfremde Angebote zur Zahlungsabwicklung im Internet bedroht, vor allem durch mobilfunkbasierte Bezahlsysteme. Bankfremde Firmen verbinden digitale Innovationen mit kundenfreundlichen Finanzdienstleistungen, etwa Apps mit integrierter Bezahlfunktion wie myTaxi oder Dienste wie iZettle oder Square. Um nicht an Boden zu verlieren, müssen die Banken nun eigene Modelle für mobile Bezahlsysteme entwickeln. Und auch die Kreditkartenindustrie streckt ihre Fühler in die neuesten Erscheinungsformen der digitalen Kommunikation aus, in die sozialen Netze. American Express lässt seine US-Kunden nun auch per Twitter Geld ausgeben. Sie können ihre Kredikarte mit ihrem Twitter-Profil verknüpfen und dann einkaufen, indem sie bestimmte Stichworte - sogenannte Hashtags - twittern.

Wird die Zukunft im berührungslosen Bezahlen liegen? Der Geldfluss mit Hilfe sogenannter „Near Field Communication“ (NFC) wird noch nicht angenommen. Der Standard ermöglicht den drahtlosen Austausch von Zahlungsdaten in einem Nahbereich von etwa zehn Zentimetern.

Werden wir alle, so wie Elvis oder die Queen, nur noch ohne Bargeld unterwegs sein? Und, wenn etwas bezahlt werden muss, werden wir zu solchen technischen Zaubertricks greifen? Vielleicht wird dadurch aber nicht nur das Löhnen bequemer, sondern auch der Taschendiebstahl. Die Vorstellung, dass nur jemand mit einem versteckten Lesegerät nah genug vorbeigehen muss, um einem die Brieftasche zu leeren, hält eine gewisse skeptisch reservierte Haltung aufrecht. Und wie alle digitalen Formen von Geld, so hat auch diese ein Manko - die Kosten und Gebühren für die neue Technik. Geld kostet in Zukunft auch Geld.

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Und hier noch der Tweet der Woche: