Was sich an einem Ding futuristisch anfühlt, kann sich schnell ändern. StZ-Kolumnist Peter Glaser wirft einen Blick auf die merkwürdigsten Technik-Spielzeuge der vergangenen Jahre.

 

Stuttgart - Hier geht es in Zukunft um die Zukunft. Das StZ-Hausorakel Peter Glaser befragt einmal die Woche die Kristallkugel nach dem, was morgen oder übermorgen sein wird – und manchmal auch nach der Zukunft von gestern. Dazu als Bonus: der Tweet der Woche!

 

Wie ein Wal fahre ich täglich durch das Internet und seihe mit meinen Filter-Barten das Informationsplankton aus den Tiefen des Datenozeans. Immer wieder bleibt dabei auch ein Stück gestriger Zukunft hängen – technischer Stand von vor Jahrzehnten, alte Visionen, derlei.

Uns lehrt dieser Blick auf den alten Kram, der Arroganz des Aktuellen zu widerstehen. Denn niemand möchte in ein paar Jahren peinlich berührt von sich selbst sein, und was für ein lächerliches Bild er doch mit seinen bejubelten Maschinen abgegeben hat. Hier beispielsweise aus den Achzigerjahren eine Monsterversion jener Idee, die heute Google Glass heißt. So irrwitzig wird die diesjährige Consumer Electronics Show (CES) im Jahr 2034 wirken.

Die CES findet seit 1967 statt. Hier ein Blick über die merkwürdigsten Gadgets aller Zeiten, die zwar ausgestellt waren, es aber nie auf den Markt schafften. Darunter der GENUS Home Personal Robot, der aussah wie ein fahrbarer Pedalmülleimer oder der Atari Mindlink von 1984, der angeblich Gehirnströme wahrnehmen konnte.

Die allererste E-Mail

Bereits Jahre vor den Anfängen der CES gab es imaginierte Entwürfe von, beispielsweise, elektronischen Grußkarten. Der Zeichner und Techno-Utopist Arthur Radebaugh führte sie 1960 in seiner Comic-Serie "Closer Than We Think" aus – Post, die innerhalb von Minuten von Boston nach Hawaii gelangte!

"Die Post", so Radebaugh, "untersucht die Anwendung von Weltraumtechnologie für den schnellen Versand der endlosen Mengen von Post zwischen weit auseinanderliegenden Punkten." Dazu würden Mikrowellenstationen eingerichtet werden. Die Briefumschläge würden mechanisch geöffnet, automatische "Finger" würden den Inhalt herausnehmen und auf einen Scanner legen. Eine in Impulse verwandelte Postkarte oder ein Brief könnte dann zu einem Postsatelliten gesandt werden oder sogar bis zum Mond und von dort reflektiert sein Ziel auf der Erde erreichen, wo er in der Originalhandschrift oder dem ursprünglichen reproduziert und, in einer Kapsel verschlossen, ausgeliefert wird. All dies könnte innerhalb von Minuten von dem Zeitpunkt an geschehen, zu dem die Mitteilung bei einem Postamt Tausende Meilen entfernt vorgelegt würde.

Das mythische Jahr 2000

Prognosen sind schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen“ – die kleine Spitze, die unter anderem Karl Valentin, Mark Twain, Winston Churchill, Niels Bohr und Kurt Tucholsky zugeschrieben wird, ist nicht ohne Grund populär, da sie den utopischen Wunsch, ins Kommende vorausschauen zu können, wieder mit den Beinen auf die Erde stellt. Zudem ist die Prognostik oft auf die Technik beschränkt. Das heißt, es wird gefragt: Welche Geräte werden wir in zehn oder 100 Jahren verwenden und nicht: In welcher Gesellschaft werden wir morgen leben?

Wie nahe und zugleich doch ahnungslos der Qualität der tatsächlichen Veränderungen gegenüber die sogenannten Visionäre oft sind, zeigt diese Vorstellung einer Fernschachpartie im Jahr 2000, wie man sie sich in den Siebzigerjahren vorstellte. Während die Geräte durchaus an Tabletcomputer oder Smartphones erinnern, ist von der ganzen Maschinerie aus Software, auf der unsere digitale Welt heute aufbaut, nichts zu sehen. Eher erinnern die antennenbestückten Gadgets an Walkie-Talkies.

Wie schnell etwas, das gerade noch an vorderster Front der technologischen Entwicklung stand, plötzlich plump und kurios wirken kann, zeigen die MP3-Player, die im Weihnachtsgeschäft 2000 verkauft wurden. Sie standen für die Zukunft der Musik. Es gab noch keinen iPod, kein Spotify, und wenn man Musik downloaden wollte, machte man das über einen Dienst, der "Napster" hieß – die Mutter aller Tauschbörsen. Was sich an einem Ding futuristisch anfühlt, kann sich schnell ändern. Aber wenn man jung ist, gibt es nichts Cooleres als das Gefühl, ein Stück Zukunft in der Hand zu halten.

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Und hier noch wie immer der Tweet der Woche: