Immer mehr digitale Geräte und Gadgets umgeben uns. Der Trend geht aber nicht nur einfach zum Viert-Computer. Denn sogar Staub soll künftig "smart" werden.

 

Stuttgart - Hier geht es in Zukunft um die Zukunft. Das StZ-Hausorakel Peter Glaser befragt einmal die Woche die Kristallkugel nach dem, was morgen oder übermorgen sein wird – und manchmal auch nach der Zukunft von gestern. Dazu als Bonus: der Tweet der Woche!

 

Als in den Fünfzigerjahren in Rechenzentren die ersten Bildschirm-Terminals eingeführt wurden, wehrten sich die altgedienten Programmierer dagegen. Sie waren es gewohnt, ihren Code auf Papier zu entwerfen, konnten ihn blind über eine Lochkartenstanze eingeben und holten sich die Ergebnisse ein paar Stunden später an der Datenausgabestelle wieder ab. Sie fühlten sich von Bildschirmen bei ihrer Arbeit gestört.

Fernsehen war das Bildschirmmedium. In den Siebzigerjahren war es dann nicht mehr ungewöhnlich, dass jemand mehr als einen Fernseher besaß. Die Geräte wurden kleiner, billiger und es gab mobile Versionen, mit denen man auch auf dem Campingplatz fernsehen konnte. 1976 spielte David Bowie in dem Science-Fiction-Film „Der Mann, der vom Himmel fiel“ einen Außerirdischen, dessen übermenschliche Auffassungsgabe daran zu erkennen ist, dass er vor einer Wand aus eingeschalteten Fernsehern sitzt und alle Informationen gleichzeitig aufsaugt.

Angst, sein Handy einzuatmen

Mit der PC-Revolution fing alles wieder von vorn an, mit jeweils einem Bildschirm und einem Computer. Dann begannen die technischen Generationswechsel und es kam vor, dass ein alter und ein neuer Computer gleichzeitig in Betrieb waren. Anfang der Neunzigerjahre ging die Welt online und nach und nach fühlte es sich an, als habe man nicht mehr nur einen oder zwei Rechner zur Verfügung, sondern Tausende. Die Hardware wurde immer schlanker und leistungsfähiger. Handys waren manchmal schon so klein, dass man Angst haben mußte, sie unabsichtlich einzuatmen. Inzwischen haben wir digitale Gerätschaft für alle Gelegenheiten, vor allem aber haben wir immer mehr Geräte, die alle kleine Computer sind und oft gar nicht mehr als Computer wahrgenommen werden.

Als sich vor zwanzig Jahren das Internet auszubreiten begann, gab es lange Diskussionen um einen vermeintlich neuen Leitbegriff: Konvergenz. Immer mehr bisher für sich stehende Technologien und Medien wurden ins Digitale überführt. Aus dem Computer wurde eine Art Hyperchamäleon, das sich mühelos in eine Schreibmaschine, ein Klavier, einen Flugsimulator, die Steuerung für eine Uran-Anreicherungsanlage und tausenderlei andere Dinge verwandeln kann. Konvergenz sollte heißen: Alles läuft auf den Computer hinaus. Lesen, schreiben, fernsehen, musikhören, studieren, einkaufen, flirten - all in one.

Digitales Mekka mit einem schwarzen Würfel im Zentrum

Es gab Gegenstimmen: Fortschritt bedeute doch immer eine Zunahme an Unterschieden! Wer am Sofa liege und berieselt werden möchte, für den sei ein Fernseher ideal; für den, der aktiv am Netz teilnehmen möchte, ein Rechner; für Leute, die unterwegs sind, Laptop oder Smartphone. Wenn ich außer Haus bin, schleppe ich nicht mein MacBook mit mir herum, um Musik zu hören. Miniaturisierung, iPods, Tablets, WLAN-Hotspots – die technische Entwicklung hat diese Einwände beiseitegewischt. Die Konvergenz ist nicht monolithisch. Es läuft nicht alles auf eine Solo-Box hinaus, ein digitales Mekka mit einem schwarzen Würfel im Zentrum. Aber Computer plus Netz sind zu einer bedeutenden Zentralgewalt unseres Lebens geworden.

Zu Hause habe ich nun fast alles Arbeits- und Unterhaltungsnötige im Rechner an einem Ort versammelt und vernachlässige deshalb sogar meine alte, hervorragende Musikanlage. Obwohl sie eine merklich bessere Tonqualität bietet, gebe ich mich mit der schlichten Stereophonie am Rechner zufrieden. Stofflose Musik ist bequemer. Für manche Techniken bedeutet die Digitalisierung, dass sie einfach verschwinden; andere würden gern verschwinden, können es aber nicht, siehe die Winz-Mobiltelefone.

Auch Staub wird schlau

Der Trend geht nicht einfach nur zum Viert-Computer, sondern zu so etwas wie Maschinenwolken, die uns künftig umgeben werden. Damit ist nicht nur die weltweite Speicher-Wolke, die Cloud gemeint. An verschiedenen Orten arbeiten Ingenieure an einem Konzept, das „Smart Dust“ heißt. Grundlage dieser Technik sind winzige Partikel, die so etwas wie sehr einfache, kleine Computermodule sind. Bei Bedarf sollen sich die einzelnen Partikel zu größeren, je nach Problemlage leistungsfähigeren Einheiten zusammenschließen können und nach erledigter Arbeit wieder zu Staub zerfallen. Wo überhaupt ein Computer ist und wo keiner, wird dann ebenso schwer zu beantworten sein wie die Frage, ob man vielleicht gerade einen eingeatmet hat.

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Und hier noch wie immer der Tweet der Woche: