Wenn du alt bist, bist du nichts mehr wert - oder ein „Greygler“: So heißen die Alten bei Google - also die Über-40-Jährigen. Und Peter Glaser weiß auch, wie Bill Gates dem digitalen Jugendwahn begegnet.

Stuttgart - Hier geht es in Zukunft um die Zukunft. Das StZ-Hausorakel Peter Glaser befragt einmal die Woche die Kristallkugel nach dem, was morgen oder übermorgen sein wird – und manchmal auch nach der Zukunft von gestern. Dazu als Bonus: der Tweet der Woche!

 

Ein Beispiel: Ein Mann, der an einem späten Studium interessiert ist, wird an der Hochschule für Medien in Stuttgart nicht mehr zugelassen, obwohl er alle Bedingungen erfüllt: Ein Studienbeginn sei nur bis zu einem Höchstalter von 60 zulässig. In den Allgemeinen Zugangsvoraussetzungen ist von einer Altersgrenze nicht die Rede.

Ein anderes Beispiel: Das Bundeswehr-Dienstleistungszentrum München veröffentlicht eine Ausschreibung für Rollenspieler. Gesucht werden für ein Jahr „Verwundetendarsteller, weiblich/männlich bis zum Alter von 60 Jahren“. Und mit 61 ist man unverwundbar?

Warum betreiben diese Institutionen das, was man Altersdiskriminierung nennt?

Die "Greyglers" werden nicht besonders zuvorkommend behandelt.

Die Stigmatisierung setzt nicht erst mit 60 ein. Platinnetz heißt ein 2007 gegründetes Soziales Netz für Menschen ab 40 – „Platin“ spielt auf die „Silver Surfer“ an, die „wertvollen Silberhaarigen“. Mit 40 ergraut? „Greyglers“ werden Google-Mitarbeiter - eigentlich „Googlers“ - intern genannt, wenn sie über 40 sind. Nur etwa ein Prozent der 20.000 Google-Angestellten gehörten 2010 zu dieser Altersklasse. Und die wird nicht besonders zuvorkommend behandelt.

Dem Google-Mitarbeiter und Internet-Pionier Brian Reid, damals 54, wurde wenige Tage vor dem Börsengang des Unternehmens im Jahr 2004 gekündigt. Reid, der unter anderem an der Entwicklung der ersten Firewalls, des Usenet und der Suchmaschine Altavista beteiligt war, vertrat die Ansicht, er sei wegen seines Alters gefeuert worden und verklagte Google. Durch die Kündigung war ihm unter anderem eine günstige Aktienoption für Mitarbeiter entgangen, die in der Zwischenzeit Millionen wert wäre.

Während seiner Zeit bei Google sei er ständig als „alter Mann“ und „hoffnungslos altmodisch“ abqualifiziert worden. Auch sein Vorgesetzter, Ende 30, habe seine Ideen immer wieder als „veraltet“ abgetan. Nach einer Nichtigkeitsbeschwerde durch mehrere Instanzen wurde die Klage 2010 endgültig zugelassen. Zwei Jahre später einigten sich Reid und sein Ex-Arbeitgeber außergerichtlich.

Quasi tröstlich listete das Blog TechCrunch „40 Leute, die der lebende Beweis dafür sind, dass man es im Silicon Valley auch mit 40 noch schaffen kann“ auf, unter ihnen Brian Acton, der Mitgründer von WhatsApp, das im Februar 2014 für 19 Milliarden Dollar von Facebook gekauft wurde.

Schlafen und onlinesein

„Endlich macht die Technik das, was wir wirklich von ihr erwarten", erklärte der ehemalige Google-CEO Eric Schmidt vor drei Jahren. Mit schnellen Smartphones werde nun eine Zeit anbrechen, in der niemand mehr alleine sei und sich langweilen müsse. Ideale Vertreter dieser Zukunft seien moderne Kinder, die nur noch zwei Zustände kennen: schlafen und onlinesein.

Die ältere Generation versucht derweil dem digitalen Wertewandel Einhalt zu gebieten, manchmal ein wenig hilflos. So erläuterte Melinda Gates, die Frau von Bill Gates, in einem Interview die strengen Erziehungsregeln für ihre Kinder: „Wir setzen alles daran, dass die Drei so normal wie möglich aufwachsen." Die Kinder müssten mit etlichen Einschränkungen leben, iPhone oder iPod etwa seien verboten. „Unsere große Tochter hat gesagt: Mama, erzähl' bloß nicht, was wir alles nicht dürfen. Das ist total peinlich."

Auch Google ist inzwischen dabei, das Alter anders als damals bei Brian Reid zu bekämpfen. Eine 2013 gegründete Google-Tochterfirma namens Calico soll sich mit dem Älterwerden und den damit verbundenen Beschwerlichkeiten befassen, amerikanisch gesagt: mit dem ewigen Jungbleiben. „Ich bin sicher“, sagt Google-Chef Larry Page, „dass wir Millionen Leben verbessern können.“

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Und hier noch wie immer der Tweet der Woche: