Das neue soziale Netzwerk von Google heißt Google Plus, und viele glauben, dass es Facebook den Platz streitig machen wird.

Stuttgart - Seit Google vor einer Woche das neue soziale Netzwerk Google Plus gestartet hat, herrscht Aufregung. Social-Media-Berater schlafen schlecht, weil sie ihre Kunden gerade soweit hatten, dass sie sich eine Facebook-Seite haben einrichten lassen, um schön alle Klicks auf den "Gefällt mir"-Knopf zählen zu können.

 

Normalnutzer fragen sich, ob mittelfristig ein Umzug ansteht oder ob man sich quasi eine Zweitwohnung im Netz zulegen wird. Blogger rollen mit den Augen, weil die Versorgung der verschiedenen Bereiche des Internets mit Beiträgen erst einmal noch mehr Arbeit bedeutet. Marketingmenschen vermissen die Werbeanzeigen in Google Plus, während die Nutzer sich über den aufgeräumten Bildschirm freuen. Software-Entwicklern mangelt es an den Andockstellen für Spiele, mit denen sich in Facebook diverse Seitenuniversen eröffnen ließen - Spaß für die einen, für andere nervtötendes Rauschen.

Aus den gescheiterten Versuchen, mit Diensten wie Orkut, Buzz und Wave in das soziale Netzwerken vorzudringen, scheint man bei Google gelernt zu haben. Der erste Eindruck: Google Plus ist ein offenes System, Privatsphäre-Einstellungen bleiben in der Hand des Nutzers. Innerhalb der bisher verschlossenen Google-Auster kann man sogar mit den Mitarbeitern in Kontakt treten und Larry Page in seinem Profil beim Drachenfliegen in Alaska zusehen.

Die Verplussung der digitalen Welt

Als Reaktion auf den Schlag ins Kontor hat Mark Zuckerberg noch für diese Woche etwas Neues für Facebook angekündigt, das "awesome" (ehrfurchtgebietend) sein soll. Aber möglicherweise gibt es gar keinen "Krieg" Facebook gegen Google+, wie viele annehmen. Worin sich Google Plus, Facebook und Twitter gleichen, ist, dass die Nutzer in diesen Systemen nicht im Sinne eines Tischgesprächs miteinander umgehen, sondern jeder mit Kommunikationskonfetti wirft und sich aus dem Schnipselregen der anderen bedient. Auch ähnelt der "+1"-Knopf von Google sehr dem "Gefällt mir"-Button von Facebook, der längst auch auf vielen Websites und Blogs zu finden ist und dazu führt, dass man gewissermaßen immer mit einem Hosenträger bei Facebook hängengeblieben ist ("Tracking").

Sogenannte Meta-Informationen, die zusätzlich zu einer bloßen Internetadresse zur Verfügung stehen, sind ein offener Internet-Standard. Mit den "Gefällt mir"- und "+1"-Knöpfen, die ebenfalls solche Informationen handhaben, ändern sich aber die Verhältnisse. Diese Daten sind dann jeweils nur noch Facebook oder Google zugänglich. Da Facebook seine Nutzer öfter mal vor den Kopf gestoßen hat, gibt es ein großes, sozusagen ein Protestwähler-Potenzial. Das nimmt man bei Google+ sicher gerne auf. Aber die wahren Interessen von Google liegen nicht darin, die Mitglieder der Konkurrenz in ihren neuen Dienst zu locken - sondern den neuen Dienst über das ganze Netz zu verbreiten. Was anliegt, ist die Verplussung der digitalen Welt.

Bemerkenswertes aus der digitalen Welt