Reportage: Frank Buchmeier (buc)
Früher hieß es, dass uns das Fernsehen schadet.
Das kann man nicht vergleichen. Der Fernseher beobachtet uns bisher nicht, ist nicht mobil, Eltern können die Nutzung und die Inhalte kontrollieren. Das Smartphone ist hingegen das ideale Datensammeltool, eine Art Superwanze. Wer Google, Facebook oder WhatsApp nutzt, setzt sich freiwillig einer Totalüberwachung aus. Jeder Klick, jeder Eintrag wird von Dutzenden Firmen gespeichert, um Personenprofile zu erstellen. Das Smartphone ist das Hauptmedium, um Konsumwünsche anzuheizen. Es ermöglicht Handelskonzernen, den gläsernen Verbraucher zu kreieren. Die Freiheit, die im Internet angeblich herrscht, erweist sich dadurch als große Freiheitsfalle, als eine Selbsttäuschung.
Den meisten Bürgern ist das offenbar ziemlich egal. Müssten Sie nicht in einer Demokratie akzeptieren, dass Ihre Vorstellungen nicht mehrheitsfähig sind?
Mir ist bewusst, dass ich etwas kritisiere, was fast jeder liebt. Aber überlegen Sie mal, wie heute unsere Luft wäre, wenn sich nicht vor gut drei Jahrzehnten Umweltschützer für den verpflichtenden Einbau von Abgaskatalysatoren in Autos eingesetzt hätten. Fest steht, dass die über das Mobilfunknetz verschickte Datenmenge weiterhin steigen wird. Ich sehe es als meine Aufgabe an, auf die negativen Folgen dieser Entwicklung hinzuweisen.
Sie scheinen gegen Windmühlen zu kämpfen. Frustriert Sie das nicht?
Nein, unsere Bürgerinitiative ist in der Kommunalpolitik anerkannt, unsere Veranstaltungen sind gut besucht. Wir haben die international vernetzte Verbraucherschutzorganisation Diagnose-Funk mit gegründet. In diesem Jahr habe ich bei einer Anhörung im Südtiroler Landtag zu der geplanten Einführung digitaler Medien im Schulunterricht sprechen dürfen. Einen Monat später entschied das Parlament, dass zu den Themen Strahlenschutz, Datenschutz und Pädagogik Arbeitskreise gebildet werden. Es ist ein Erfolg, wenn über Auswirkungen und Alternativen diskutiert wird, und nicht – wie es in Deutschland meistens geschieht – pauschal gesagt wird: „Wir brauchen heutzutage digitale Medien in den Schulen.“
Würden Sie gerne die Zeit zurückdrehen können?
Zumindest sehne ich mich nach der Ruhe früherer Bahnfahrten zurück, als die Leute neben mir noch nicht während der Reise telefonieren konnten. Und ich hätte gerne wieder eine gesellige Atmosphäre in Gaststätten, wie sie über Jahrhunderte dort herrschte, als die Menschen noch nicht selbstvergessen auf ihren Smartphones herumtippten.