Ein Landwirt aus Sachsenheim soll rund 800 Euro zahlen, weil seine Rinder ausgebüxt sind – ein Fall für den Petitionsausschuss des Landes. Beim Vor-Ort-Termin gibt es aber erstmal Streit.

Sachsenheim - Das Kirbachtal – unendliche Weiden. So jedenfalls wirkt die Natur rings um die Sachsenheimer Ortsteile Häfnerhaslach und Ochsenbach. Saftige Wiesen, die scheinbar kein Ende nehmen, bieten beste Bedingungen für die Tierhaltung. Der Ochsenbacher Landwirt Erich Weiberle betreibt hier, mitten im Naturpark Stromberg-Heuchelberg, einen teilweise nach Bio-Prinzipien wirtschaftenden Hof, den Kirbachhof. Hier werden Gänse, Hühner und Rinder gezüchtet.

 

Doch die Freilandhaltung bedeutet für die Weiberles nicht nur einen erhöhten Aufwand bei der Betreuung und Fütterung der Tiere. In jüngster Zeit ist ein Kostenfaktor dazu gekommen, der die Freilandhaltung gar gänzlich in Frage stellt: Wenn etwa Rinder ausbüxen und jemand die Polizei ruft, dann muss Weiberle hinterher den Einsatz bezahlen – das kann teuer werden.

„Diese Weide ist für mich gestorben“

Genau 760 Euro und 20 Cent verlangte das Polizeipräsidium Ludwigsburg von dem Landwirt, nachdem im Sommer 2014 fünf Rinder von der Weide geflohen waren – und auf die Straße zu laufen drohten. „Diese Weide ist für mich unter diesen Rahmenbedingungen jetzt gestorben“, sagt Weiberle an diesem Montagvormittag. Er zeigt einem starken Dutzend Begleitern seine leere Weide.

Prominenter Besuch ist nach Häfnerhaslach gekommen. Denn Weiberle hat wegen der saftigen Rechnung den Petitionsausschuss des baden-württembergischen Landtags angerufen. Das Gremium wurde geschaffen, um Bürgern zu helfen, die unter Maßnahmen von öffentlichen Verwaltungen zu leiden haben. Es soll Lösungen finden und Kompromissvorschläge unterbreiten.

Polizeibeamtin sah Gefahr im Verzug

So haben neben zahlreichen Vertretern der Polizei und des Innenministeriums auch die Landtagsabgeordneten Konrad Epple (CDU) und Friedrich Bullinger (FDP) den Weg in den hintersten Zipfel des Landkreises Ludwigsburg gefunden. Eine Lösung wurde am Montag noch nicht präsentiert. Doch die beiden Volksvertreter ließen durchblicken, wie ihr Vorschlag aussehen könnte: eine weit weniger saftige Rechnung hätte es auch getan.

Mit großem Aufgebot war die Polizei im Sommer 2014 ausgerückt, nachdem ein Autofahrer die Rinder entdeckt und den Notruf alarmiert hatte. Die damals zuständige Polizeibeamtin, heute Kriminalpolizistin in Karlsruhe, erläuterte bei der Erörterung, warum sie sechs Streifenbeamte und zudem noch einen Hubschrauber zur Hilfe geholt hatte. Sie habe Gefahr im Verzug gesehen. Auch wenn die Straßen rund um Häfnerhaslach nicht so stark befahren seien – ein Unfall genüge, um sie selbst in die Haftung zu bringen. Den Vorwurf, dass die Polizei mit ihrem Einsatz übertrieben habe, ließ sie nicht gelten. Stattdessen fragte sie öffentlich, ob der Vor-Ort-Termin des Petitionsausschusses denn nicht auch ein übertriebener Aufwand sein könnte: „Wie ist die Verhältnismäßigkeit, dass hier heute so viele Leute sind?!“

Hohe Rechnungen: eine Ludwigsburger Spezialität?

Das brachte ihr harsche Kritik von Bullinger ein. „Das bestimmt immer noch der Landtag und nicht eine Polizeibeamtin aus Karlsruhe – nur damit das klar ist.“ Im Herbst will der Ausschuss dem zuständigen Landwirtschaftsministerium einen Vorschlag unterbreiten. Bei dem Termin wurde deutlich, dass das Polizeipräsidium Ludwigsburg offenbar mit seinen Rechnungen in solchen Fällen besonders streng ist. „Das ist eine Ludwigsburger Spezialität“, sagte der Landwirt Erich Weiberle.

Ernst Reutter, Vize-Vorsitzender des Kreisbauernverbands, verwies darauf, dass kürzlich ein Landwirt aus Hemmingen wegen eines entlaufenen Zuchtbullens eine Rechnung von 5000 Euro für den Polizeieinsatz erhalten habe. In anderen Kreisen, im ländlichen Raum vor allem, lasse man es mitunter mit 30 bis 50 Euro bewenden. Der Abgeordnete (und Ditzinger Feuerwehrmann) Konrad Epple verglich den Fall mit Einsätzen wegen Ölspuren auf Straßen. „Wenn wir da mit elf Mann ausrücken, stellen wir hinterher auch nur drei Mann in Rechnung.“